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Untersuchung von Blutprobe auch ohne Anordnung des Richters?

In § 81a II StPO (Strafprozessordnung) ist nach bisheriger Stand vermerkt, dass die Anordnung einer Blutprobe generell dem Richter vorbehalten ist. Die Anordnung eines Bluttests durch die Ermittlungsbehörden kam nur dann in Frage, wenn die Gefahr einer Verfahrensverzögerung, die den Erfolg der Untersuchung beeinträchtigen könnte, bestand.

Bei einigen Straftaten kann der Richter keine Blutprobe mehr anordnen

Die Zuständigkeit des Richters wurde, durch das „Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches, des Jugendgerichtsgesetzes, der Strafprozessordnung und weiterer Gesetze“ (BT-Drucks 18/12785 v. 20.6.17, S.2 f.) durch Zusatz des Satzes 2 für Alkohol- oder Drogenverkehrsstraftaten, enthoben. Alle Straftaten nach §§ 315a, 315c und § 316 StGB sind von der Änderung betroffen. Die Staatsanwaltschaft oder ihre Polizeibeamten entscheiden nun primär, ob eine Blutprobe notwendig ist. Es gilt nach Ordnungswidrigkeitsrecht §§ 24a, 24c StVG.

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Unfall unter Alkohol: keine Haftung

Wenn ein Fußgänger mit einem Kraftfahrzeug kollidiert, haftet der Halter dieses Kraftfahrzeuges bzw. dessen Kfz Haftpflichtversicherung grundsätzlich aus dem Gesichtspunkt der Betriebsgefahr. Doch was ist zu beachten, wenn der Geschädigte Alkohol getrunken hat?

Alkohol und Fußgänger

In einem am 17.4.2015 entschiedenen Fall (OLG Hamm, Aktenzeichen I – 9U34/14) war folgender Sachverhalt zu beurteilen. Auf dem Parkplatz eines Supermarktes kam der zum Zeitpunkt mit 2,49 Promille alkoholisierte Kläger als Fußgänger zwischen die Achsen eines Lkw. Der klagende Fußgänger erlitt schwerste Verletzungen.

Aufgrund der erheblichen Alkoholisierung (2,49 Promille) kam das Gericht zu dem Ergebnis, dass im Rahmen der vorzunehmenden Haftungsabwägung die Betriebsgefahr des Lkw vollständig zurück tritt. Damit wurde jegliche Haftung der Beklagten Kfz Haftpflichtversicherung verneint. Die im Unfallzeitpunkt gemessenen Blutalkoholkonzentration von 2,49 Promille begründe die alkoholbedingte Verkehrstüchtigkeit eines Fußgängers, in dieser zuvor durch eine Verhaltensweise (torkeln, starkes Schwanken) aufgefallen ist, die typisch für einen unter Alkoholeinfluss stehenden Fußgänger ist.

Öffentliches Gelände und Straßenverkehrsordnung

In diesem Fall ist somit ausnahmsweise Betriebsgefahr des Lkw zurückgetreten. Weiterhin wurde in dem Urteil diskutiert, ob es sich um einen öffentlichen Verkehrsraum bei dem Supermarktgelände hatte, handelte, mit der Folge, dass Vorschriften der Straßenverkehrsordnung (StVO) eingreifen. Ob ein Verkehrsraum öffentlich ist oder nicht, bemisst sich nicht nach den Eigentumsverhältnissen an den jeweiligen Grundstücksflächen. Maßgeblich ist vielmehr, ob der in Rede stehende Verkehrsraum ausdrücklich oder stillschweigend durch den jeweils Berechtigten für den öffentlichen Verkehr freigegeben ist. Demzufolge ist ein Verkehrsraum dann öffentlich, wenn er entweder ausdrücklich oder mit stillschweigender Duldung des Verfügungsberechtigten für jedermann oder aber zumindest für eine allgemein bestimmte größere Personengruppe zur Benutzung zugelassen ist und auch so benutzt wird (BGH NJW 2004,1965).

Auf Parkplätzen gilt die StVO

Auf Supermarktparkplätzen, die jedermann zugänglich sind, findet somit die StVO regelmäßig Anwendung. Eine entsprechende Beschilderung („hier gilt die StVO“) ist entgegen landläufiger Meinung hierfür nicht erforderlich.

Erfahren Sie hier mehr über: Polizeikontrolle und Alkoholmessung und Atemalkohol und dessen Ermittlung

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Atemalkohol und dessen Ermittlung

Wenn ein Verkehrsteilnehmer mit einer Konzentration von Atemalkohol  über 0,5 Promille ein Kraftfahrzeug im Verkehr führt, droht die Verhängung eines Fahrverbotes und eine Geldbuße in Höhe von mehreren hundert Euro (§ 24a StVG).

Pflichten der Polizei und mögliche Fehler

Bei der Ermittlung des Atemalkoholgehaltes muss der jeweils die Kontrolle durchführende Polizeibeamte jedoch bestimmte Bedingungen erfüllen, damit die Messung vom Atemalkohol verwertbar ist. Wenn die Bedienungsanleitung des Messgerätes nicht eingehalten wird, kann die Atemalkoholmessung auch nicht als Beweismittel zur Grundlage einer Verurteilung gemacht werden. Das Gericht hat in diesen Fällen den Betroffenen freizusprechen. Das Fahrverbot kommt dann nicht zum Tragen.

Kontrollzeit und geringe Überschreitung des Grenzwertes vom Atemalkohol

Das Oberlandesgericht Karlsruhe hatte sich in einem Beschluss vom 15. Oktober 2015 (Aktenzeichen 27 Ss BS 499/15 – AK151/15) mit der Frage zu befassen, ob die Nichteinhaltung der Kontrollzeit bei einer Atemalkoholmessung zu einem Verwertungsverbot führt, wenn der Grenzwert nur geringfügig überschritten wurde, oder wenn eine erhebliche Überschreitung des Grenzwertes vorliegt. Das Amtsgericht hatte die Messung unter Berufen auf eine Entscheidung des OLG Bamberg aus dem Jahre 2007 für nicht verwertbar gehalten, da die zehnminütige Kontrollzeit zwischen den beiden vorzunehmenden Messungen nicht eingehalten wurde.

Zehnminütige Kontrollzeit ist nicht ausschlaggebend

Dem hat sich das OLG Karlsruhe nicht angeschlossen. Die festgestellte Nichteinhaltung der 10 Minuten dauernden Kontrollzeit, die dazu dient die Gefahr der Verfälschung der Messwerte durch eine kurz vor der Messung erfolgte Einnahme von möglicherweise die Messung beeinflussenden Substanzen auszuschließen, führt entgegen der Ansicht des Amtsgerichtsgerichtes nicht generell und nicht in jedem Fall zu einer Unverwertbarkeit des Meßergebnisses. Die Nichteinhaltung der zehnminütigen Kontrollzeit steht nur in den Fällen, in denen der Grenzwert gerade erreicht oder nur geringfügig überschritten wurde einer Verwertbarkeit grundsätzlich entgegen. Die es von 0,01 mg/Liter Atemluft, mithin 0,01 Promille die Rede. Die vor der Verwertbarkeit steht in diesen Fällen das Argument der Nichteinhaltung der Kontrollzeit entgegen, weil der gewonnene Messwert nur dann ohne Sicherheitsabschlag verwertbar ist, wenn die Bedingungen für ein gültiges Messverfahren gewahrt sind. Angesichts dessen, dass vorliegend der Grenzwert nicht geringfügig, sondern um 8 % überschritten wurde und die in der Kontrollzeit eingenommenen Substanzen festgestellt werden konnten, kommt eine Verwertbarkeit der Messung auch unter Berücksichtigung eines Sicherheitsabschlag in Betracht. Ob und in welcher Art und Weise das festgestellte Rauchen einer Zigarette und das Trinken von Wasser während der Kontrollzeit die Messung beeinträchtigt haben könnte und in welcher Höhe gegebenenfalls ein Sicherheitsabschlag vorzunehmen ist, lässt sich in diesen Fällen durchaus mit Sachverständigen aufklären.

Ein allgemeiner Grundsatz, dass Bedienungsfehler bei standardisierten Messverfahren, und hierzu gehört auch die Verwendung eines Atemalkohol Geräts, generell zu deren Unverwertbarkeit führen, existiert nicht. Vielmehr hat nach Auffassung der OLG Richter der Tatrichter bei konkreten Anhaltspunkten für Messfehler, die Zuverlässigkeit der Messung gegebenenfalls mithilfe eines Sachverständigengutachtens zu prüfen. Damit sind nach Auffassung dieser beiden Obergerichte Verstöße gegen die Einhaltung der Kontrollzeit und der Wehrwartezeit kein Kriterium mehr, um eine Unverwertbarkeit der Messung zu bejahen. Dies jedenfalls dann nicht, wenn eine mehr als geringfügige Überschreitung des Grenzwertes vorliegt.

Ob eine solche Geringfügigkeit dann auch noch bei 8 % verläuft, erscheint vorliegend zweifelhaft, denn in einer anderen Entscheidung hat das OLG Stuttgart eine Nachprüfung durch Gutachten erst dann für angezeigt erachtet, wenn eine Überschreitung von 20 % und mehr vorliegt.

Wie auch an dieser Entscheidung deutlich wird, ist die Überprüfung jedes einzelnen Tatvorwurfes anhand der Umstände der Sachverhaltsaufklärung genauestens zu überprüfen. Denn nur wenn die Verteidigung sämtliche Voraussetzungen für eine Verwertbarkeit des Beweismittels kennt, kann sie entsprechend die Verteidigungsmittel des betroffenen Mandanten ausschöpfen.

Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass eine Rechtsschutzversicherung die Kosten der Verteidigung abdeckt. Der Bereich Verkehrsrecht ist daher mittlerweile an Rechtsschutzversicherungen der bedeutsamste. Für den Betroffenen kann sich an der Frage des Vorliegens einer Rechtsschutzversicherung entscheiden, ob er sämtliche Verteidigungsmittel bemüht, oder nicht. Denn auch ein eventuell einzuholen des Sachverständigengutachten wird von der Rechtsschutzversicherung hinsichtlich der Kosten übernommen. In Verkehrsordnungswidrigkeitenverfahren und Verkehrsstrafverfahren ist daher das Vorliegen einer Rechtsschutzversicherung oft unabdingbare Voraussetzung für eine erfolgreiche Verteidigung.

Erfahren Sie hier mehr über: Drogen, Führerschein und Abstinenz und
Unfall unter Alkohol: keine Haftung

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Sportbootführerschein

Wegen Alkohol entziehbar? Nicht immer! – Liebe Sportbootfahrer, die Saison hat begonnen. Dass Sie nicht nur Ihren Pkw-Führerschein, sondern auch Ihren Sportbootführerschein wegen Alkohol am Steuer / Ruder verlieren können, ist Ihnen gewiss bekannt.

Und zwar regelt § 8 II Nr.1 Buchst a der Sportbootführerscheinverordnung (SportBootFSV):

„Vorbehaltlich der Anwendung des Seesicherheits-Untersuchungs-Gesetzes kann die Fahrerlaubnis entzogen werden, wenn sich der Inhaber nach der Erteilung der Fahrerlaubnis als unzuverlässig erwiesen hat

1. weil er

a) mehrfach mit einer Blutalkoholkonzentration von 0,5 Promille oder mehr oder unter erheblicher Einwirkung berauschender Mittel ein Sportboot geführt hat.“

Soweit, so klar, und diese Regelung entspricht den Bestimmungen über die MPU-Anordnung bei Autofahrern. Heißt dies aber auch, dass er bei erstmaligem Bootsfahren unter 1,1 Promille oder mehr seinen Sportbootführerschein verliert, wie es beim Pkw-Führerschein bekanntlich der Fall ist?

Nein, befanden nun die Richter des Niedersächsischen OVG in ihrem Urteil vom 6.11.14 (A.Z.: 12 LC 252/13). Denn die genannten Regelung sei zu unklar, um ihr eine Starre 1,1-Promille-Grenze beim Ersttäter entnehmen zu können. Der Regelung des § 8 II Nr.1 Buschst a SportBootFSV lasse sich nicht mit einer dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 III GG) genügenden Klarheit und Bestimmtheit entnehmen, dass es für den Entzug des Sportbootführerscheins See ausreicht, wenn ein Fahrerlaubnisinhaber einmal mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,1 Promille oder mehr ein Sportboot geführt hat.

Ein interessantes Urteil, an dem man erkennen kann, dass es einigen Gerichten in Deutschland doch noch um die Rechtsklarheit und Rechtssicherheit geht. Und zwar unabhängig von der Frage, wie man zu der Thematik „Alkohol am Steuer / Ruder“ steht. Denn es gilt nun mal der Grundsatz: Ohne Gesetz keine Strafe.

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Trunkenheit im Straßenverkehr-Vorsatz

Bei einer vorsätzlichen Trunkenheit im Straßenverkehr ist Strafbarkeit nach Paragraf 316 StGB gegeben. Das Gesetz sieht hier Geldstrafe oder Freiheitsstrafe (in schweren Fällen) sowie die Entziehung der Fahrerlaubnis mit Verhängung einer Sperrfrist (§ 69 StGB) vor.

Hierbei kommt es in mehrfacher Hinsicht maßgeblich darauf an, ob der Täter fahrlässig oder vorsätzlich handelte. Vorsätzliches Handeln bedeutet, dass der Täter gewusst hat oder es als nicht ganz fernliegend erkannt hat, dass er sich jenseits der Grenze von 1,1 Promille befindet und sich dennoch ans Steuer eines Fahrzeuges setzt. Absatz der BGH hatte unter den 9. April 2015 (Aktenzeichen vier StR 401/14) einen Fall zu entscheiden, indem der Täter 1,24 Promille im Blut hatte. Außerdem hatte der Täter keinen Führerschein und fuhr in Berlin zunächst auf einem privaten Hofgelände, auf dem sich mehrere Bars und Kneipen befanden, wobei er das Fahrzeug wiederholt mit Handbremsen kehren und quietschenden Reifen wendete. Dabei fuhr er auch auf den im Inneren eines Tores bestehenden Zeugen zu. Obwohl die unbekannt gebliebene Personengruppe ihn wegen seiner Alkoholisierung mehrfach aufzuhalten versuchte, verließ der Angeklagte mit dem PKW das Gelände und bevor öffentliche Straßen bis er durch Polizeibeamte gestoppt werden konnte. Der Angeklagte wusste, dass er nicht im Besitz einer Fahrerlaubnis war und nahm zumindest billigend in Kauf, dass er infolge seiner alkoholischen Beeinflussung nicht in der Lage war, das Fahrzeug sicher zu führen. Eine ihm um 13:05 Uhr entnommene Blutprobe ergab eine Blutalkoholkonzentration von 1.24 Promille.

BGH hat die Beweiswürdigung des Landgerichtes als Vorinstanz zur Frage des Vorsatzes als lückenhaft und damit rechtsfehlerhaft befunden. Er hat daraufhin das Urteil aufgehoben und zurückverwiesen. Zur Begründung führt der BGH aus, dass die Strafkammer des LG die Feststellung, dass der Angeklagte mit zumindest bedingtem Vorsatz gehandelt hat, allein aus dem Umstand habe schließen wollen, dass die Personengruppe den Angeklagten wegen seiner deutlichen Alkoholisierung zum anhalten und aussteigen zu bewegen versucht habe. Das Urteil enthält aber keinerlei Feststellungen dazu, dass der Angeklagte diese Anhalteversuche überhaupt gemerkt und den Grund hierfür erkannt hat. Zum Trinkverlauf und insbesondere zum Trinkende (also dem Zeitpunkt, zu dem aufgehört wurde, Alkohol zu trinken) hat das Landgericht keine Feststellungen getroffen, obwohl diese angesichts der festgestellten Tatzeit von Bedeutung sein konnten. Auch das sonst auffällige Verhalten des Angeklagten hat das Landgericht zur Begründung des Vorsatzes nicht herangezogen. Der Schluss der Richter des Landgerichtes auf eine vorsätzliche Tatbegehung ist daher im vorliegenden Fall für nicht zulässig erachtet worden. Zwar ist der Tatrichter durch Paragraf 261 StPO nicht gehindert anzunehmen, dass eine Blutalkoholkonzentration umso eher für eine vorsätzliche Tat spricht, je höher sie ist (vgl. vgl. BGH, Beschl. v. 25.8.1983 – 4 StR 452(83, VRS 65, 359 ff.)

Der Richter beim Landgericht (da es sich um eine Tatsacheninstanz handelt, spricht man von „Tatrichter“) muss sich jedoch dann bewusst sein, dass er sich lediglich auf ein widerlegbares Indiz stützt, dass zwar wichtig ist, im Einzelfall der ergänzenden Berücksichtigung anderer anderer Beweis Umstände jedoch bedürfen kann. Will er die Annahme bedingten Vorsatz ist damit begründen, dass ein Täter mit einer hohen Blutalkoholkonzentration im Allgemeinen weiß, dass er große Mengen Alkohol getrunken hat, so dass ich ihm die Möglichkeit einer Fahruntüchtigkeit aufdrängt, muss er erkennen lassen, dass er lediglich einen Erfahrungssatz mit einer im konkreten Fall widerlegbaren Wahrscheinlichkeit Aussage zur Anwendung bringt, nicht aber einen wissenschaftlichen Erfahrungssatz. Dies hat der BGH bereits im Jahre 1988 entschieden. Es ist deshalb einerseits nicht ausgeschlossen, dass der Vorwurf bedingt vorsätzlichen Handelns trotz Aufnahme einer erheblichen Alkoholmenge im konkreten Fall, etwa wegen eines länger zurückliegenden Zeitraums der Alkoholaufnahme oder bei Konsum von Mischgetränken mit unbekanntem Alkohol Anteil als entkräftet angesehen werden kann. Andererseits kann, wenn keine Besonderheiten vorliegen, auch im Einzelfall schon allein die Aufnahme einer die Grenze zur absoluten Fahruntüchtigkeit von 1,1 Promille nur knapp überschreitenden Alkoholmenge dem Tatrichter die Überzeugung von einer vorsätzlichen Tatbegehung verschaffen. Schematische Erwägungen der obergerichtlichen Rechtsprechung etwa dahin, die Notwendigkeit ergänzender Feststellungen zur Begründung des bedingten Vorsatzes bestehe vornehmlich im Bereich von Blutalkoholkonzentrationen zwischen 1,1 und zwei Promille und nehme daher mit der Höhe der festgestellten Blutalkoholkonzentration ab (so z.B. das OLG Düsseldorf NZV 1994, 367), vermögen, zumal sie in dieser Allgemeinheit nicht zu treffen, die Würdigung der Beweisanzeichen des konkreten Einzelfall ist nicht zu ersetzen.

Nicht vereinbar mit den vorgenannten Grundsätzen ist ferner die obergerichtliche Rechtsprechung, soweit sie annimmt, beide weit über dem Grenzwert zur absoluten Fahruntüchtigkeit liegenden Blutalkoholwerten verringere sich die Erkenntnis und Kritikfähigkeit in einer den vorsatzausschließenden Weise und es trete damit (erneut) vorsatzausschließendender Glaube an die Fahrtüchtigkeit ein.

Es bleibt daher dabei, dass das Gericht die Umstände des Einzelfalles vollständig zu würdigen hat. Vorliegend hat somit das Gericht seiner Aufklärungspflicht nicht vollständig genüge getan. Daher konnte die vorsätzliche Tatbegehung, an die erhebliche Folgen geknüpft sind (beispielsweise tritt die Rechtschutzversicherung dann nicht mehr ein beziehungsweise sie kann den Verkehrsteilnehmer in Regress nehmen) vorliegend nicht zum Gegenstand des Urteils gemacht werden.

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Haftstrafe für Gefährdung des Straßenverkehrs

Der vierte Strafsenat des BGH hat in einer Entscheidung vom 9.9.14 zum A.Z. 4 StR 365/14 für die Anwendung des Strafrahmens des § 315c I StGB die Voraussetzung postuliert, dass Vorsatz nicht nur für die Kenntnis der Fahrunsicherheit, sondern auch bezüglich der konkreten Gefahr erforderlich ist. Zuvor war der Angeklagte erstinstanzlich wegen vorsätzlicher Körperverletzung, gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, Trunkenheit im Verkehr und vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt worden. Der Täter hatte betrunken und ohne Führerschein einen Unfall mit einem zivilen Polizeifahrzeug verursacht. Auf die Revision des Angeklagten hat der BGH im Hinblick auf die Verurteilung nach § 315c I StGB klargestellt, dass diese Vorschrift hinsichtlich aller Tatumstände zumindest bedingten Vorsatz verlangt. Dies bedeutet aber, dass der Täter diejenigen Umstände kennen muss, die den Gefahrerfolg im Sinne eines „Beinaheunfalls“ als nahe liegende Möglichkeit erscheinen lassen. Weiterhin muss der Täter diese Gefahrenlage zumindest billigend in Kauf nehmen. Da das Landgericht jedoch hinsichtlich des Gefahreneintritts lediglich Fahrlässigkeit als erwiesen annahm, war lediglich § 315c III Nr. 1 StGB erfüllt (Vorsatz-Fahrlässigkeits-Kombination), der einen erheblich geringeren Strafrahmen vorsieht. Der BGH hat das Urteil daher teilweise aufgehoben und die Sache an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Autor: Dr. Henning Hartmann Fachanwalt für Strafrecht Fachanwalt für Verkehrsrecht  

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Neue Promillegrenzen für Radfahrer? – Dr. Hartmann & Partner

Die Verbotsnorm für „Alkohol im Straßenverkehr“, § 316 StGB, gilt nicht nur für Kraftfahrzeuge, sondern auch für Fahrradfahrer. Wer in Folge des Genusses alkoholischer Getränke nicht mehr in der Lage ist, ein Fahrzeug sicher zu führen, macht sich strafbar. Nach derzeitig geltender Rechtslage können sich Fahrradfahrer zwar bei alkoholbedingter Fahrunsicherheit bereetts ab einer Blutalkoholkonzentration (BAK) von 0,3 Promille strafbar machen. Der hierfür aber erforderliche Nachweis alkoholbedingter Fahrfehler ist in der Praxis aber nur sehr schwer zu führen. Es besteht also ein Bedarf an klaren Regelungen, die dem Bestimmtheitsgrundsatz Genüge tun. Als absolute Fahruntüchtigkeitsgrenze für Radfahrer hat der Bundesgerichtshof in einer Entscheidung aus dem Jahre 1986  1,7 Promille angenommen. Bei Kraftfahrzeugen sind es bekanntlich 1,1 Promille. Manche Amtsgerichte haben aber auch schon 1,5 Promille für die absolute Fahruntüchtigkeit bei Radfahrern ausreichen lassen. Der Grund hierfür ist, dass seit dem Jahre 1986 genauere Messmethoden (u.a. Dräger-Atemalkoholmessung) entstanden sind, die einen verminderten Sicherheitsabschlag erlauben. Ein Graubereich also. Auf dem Deutschen Verkehrsrechtstag 2015 in Goslar haben sich die hier anwesenden Spezialisten nun auf die Empfehlung an den Gesetzgeber geeinigt, für Radler einen Bußgeldtatbestand zu schaffen, ähnlich wie bei der 0,5 Promille Grenze für Autofahrer (§ 24a StVG). Und welche Grenze soll nun für Radfahrer gelten? Antwort: Nach den Vorstellungen des Arbeitskreises 3 des Verkehrsgerichtstages sollen es 1,1 Promille sein. Wir dürfen mit Spannung darauf warten, ob dies umgesetzt wird. Bitte vergessen Sie nicht: eine Alkoholfahrt mit dem Fahrrad kann zur Anordnung der MPU führen! Dies ist unabhängig von Strafverfahren und wird durch die Führerscheinstelle (also nicht durch das Strafgericht) entschieden. Ansatz ist nämlich hier nicht die Bestrafung einer Tat, sondern die Sicherheit des Straßenverkehrs. Nach Ablauf einer Sperrfrist soll daher nur denjenigen Verkehrsteilnehmern die Fahrerlaubnis wiedererteilt werden, die zwischen dem Konsum von Alkohol und Teilnahme am Verkehr strikt trennen können.   Dr. Henning Hartmann Fachanwalt für Strafrecht Fachanwalt für Verkehrsrecht

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500.000,- Euro Schmerzensgeld ausgeurteilt

Hohe Schmerzensgeldurteile kennt man eigentlich nur aus den USA. Gelegentlich lässt aber auch ein Deutsches Gericht aufhorchen. So wie am 26.9.14 das OLG Oldenburg zum Aktenzeichen 12 U 50/14. Es wurde einem Mann, der nach einer Betriebsfeier von einem Kollegen überfahren worden ist und seit vier Jahren im Wachkoma liegt, ein Schmerzensgeld in Höhe von 500.000 Euro zugesprochen. Die beiden Männer gerieten in einen Streit, bei dem der Beklagte den Kläger bei einer Betriebsfeier zunächst ins Gesicht schlug. Später verließ zunächst der Beklagte und kurze Zeit später der Kläger den Ort des Geschehens. Und dann passierte folgendes. Mit 1,85 Promille im Blut führ der Beklagte zunächst noch von dem Gelände, auf dem sich die Betriebsfeier abspielte. Auf dem Gelände einer Tankstelle wendete er dann aber, beschleunigte und fuhr mit hohem Tempo zum Betriebsgelände zurück. Der Kläger stand dort auf der Straße, wurde vom Fahrzeug des Beklagten erfasst und lebensgefährlich verletzt. Der Kläger erlitt u.a. ein Polytrauma mit schwerstem Schädel-Hirn-Trauma. Er liegt seit dem Vorfall im Wachkoma und wird künstlich ernährt. Nach Auffassung des OLG Oldenburg ist ein Schmerzensgeld i.H.v. 500.000 Euro angemessen. Das Schmerzensgeld solle insbesondere einen Ausgleich für erlittene Schmerzen und Leiden darstellen und dem Verletzten Genugtuung für das ihm zugefügte Leid geben. Eine schwerere Gesundheitsschädigung als die vom Kläger erlittene sei kaum vorstellbar. Der Kläger, ein damals 35-jähriger, verheirateter Familienvater von drei Kindern im Alter von drei, acht und neun Jahren liege seit vier Jahren im Wachkoma. Er sei nicht ansprechbar und könne sich nicht mitteilen. Ihm sei damit die Basis für eine eigene Persönlichkeit genommen und er sei nicht mehr in der Lage, ein normales Leben zu führen. Ein Sachverständiger hatte im Prozess die dauerhafte Unterbringung in einem Pflegeheim für erforderlich erachtet. Für diesen Zustand sei der Beklagte verantwortlich. Er habe sich, wenn auch nicht vorsätzlich, so doch unter Außerachtlassung jeglicher Sorgfaltspflichten, nach der Betriebsfeier schwer alkoholisiert in sein Auto gesetzt, auf dem Tankstellengelände gewendet und sei dann mit überhöhter Geschwindigkeit die Straße vor dem Betriebsgelände entlang gefahren. Er habe die Arbeitskollegen wegen der vorherigen Streitigkeit provozieren wollen. Aufgrund dieser groben Fahrlässigkeit sei der Kläger von dem Pkw mit mindestens 60 km/h erfasst worden. Ein Mitverschulden des Klägers hat das Oberlandesgericht verneint. Das LG Osnabrück hatte zunächst in einem Teilurteil über das Schmerzensgeld und die Haftung dem Grunde nach entschieden. Nach dem Urteil des OLG Oldenburg wird das LG Osnabrück nun insbesondere noch über die Höhe des weiteren Schadenersatzes zu entscheiden haben. Strafrechtlich wurde der Beklagte vom LG Osnabrück wegen fahrlässiger Körperverletzung in Tateinheit mit fahrlässiger Straßenverkehrsgefährdung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren auf Bewährung verurteilt.

Dr. Henning Hartmann, Oranienburg
Fachanwalt für Strafrecht
Fachanwalt für Verkehrsrecht

 

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MPU schon ab 1,1 Promille beim Ersttäter!

Bislang galt in der Praxis der Führerscheinstellen, dass bei einem Ersttäter ein Promillewert von 1,6 erreicht werden muss, damit nach Abschluss des Strafverfahrens und nach Ablauf der Sperrfrist die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis von der Beibringung eines positiven Fahreignungsgutachtens (MPU) abhängig gemacht werden konnte. Der VGH Baden-Württemberg hat nun in einem Beschluss vom 15.1.14 (A.Z.: 10 S 1748/13) entschieden, dass auch bei darunter liegenden Promillewerten die Anordnung der MPU rechtmäßig sei. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die strafgerichtliche Verurteilung und Entziehung der Fahrerlaubnis (gleich mit welchem Promillewert) für ein Wiedererteilungsverfahren ohne Weiteres die Notwendigkeit der Anordnung einer MPU auslöse. Folgender Fall war zu entscheiden: Der Betroffene hatte (als Ersttäter) eine Trunkenheitsfahrt mit dem Wert von „nur“ 1,2 Promille unternommen und war folgerichtig wegen Verstoßes gegen § 316 StGB verurteilt worden, hier gilt die Grenze von 1,1 Promille. Aber auch die Anordnung der MPU sei rechtmäßig, so das Verwaltungsgericht: Immer dann, wenn ein Fahrzeug im Zustand alkoholbedingter Fahruntüchtigkeit ein Fahrzeug geführt habe, liege Alkoholmissbrauch im Sinne von Nr. 8.1 Anlage 4 zur Fahrerlaubnisverordnung (FeV) vor. Die MPU sei nach § 13 S.1 Nr. 2 Buchstabe d FeV i.V.m. § 13 S.1 Nr. 2 Buchst. a FeV daher zwingend anzuordnen. Der Nachweis, dass der Betroffene nicht zwischen Alkoholkonsum und Fahren „Trennen“ könne, sei hinreichend bewiesen. Eine gesonderte Prüfung dieses Umsandes sei daher nicht mehr erforderlich. Zuvor hatte das selbe Gericht im Jahre 2012 (A.Z.: 10 S 452/10) noch entschieden, dass nur dann eine MPU anzuordnen sei, wenn der Schwellenwert von 1,6 Promille (vgl. § 13 S.1 Nr.2 Buchst. c FeV) nur „knapp unterschritten“ worden sei. Dem hatte sich das OVG Mecklenburg-Vorpommern ins seinem Beschluss vom 22.5.13 (A.Z.: 1 M 123/12) angeschlossen. Die neue Entscheidung, die einen Wert von 1,2 Promille ausreichen lässt, ist denn auch auf starke Kritik gestoßen. Insbesondere wird kritisiert, dass es sich bei der zuvor genannten Norm um eine spezialgesetzliche Regelung handelt. § 13 S.1 Nr.2 Buchst a FeV sei aber kein allgemeiner Auffangtatbestand. Der Wille des Gesetzgebers sei daher durch die neue Praxis umgangen. Diese Sichtweise verdient Zustimmung.   Ob und inwieweit sich der neuen Praxis (also MPU ab 1,1 Promille) auch die Führerscheinstellen in anderen Bundesländer anschließen, ist derzeit noch offen. Viel spricht jedoch offenbar dafür, dass diese aktuelle Verwaltungspraxis auch in den anderen Bundesländern Einzug halten wird und dies auch höchstrichterlich abgesegnet wird. Der Verfasser dieses Beitrages hat in Gesprächen mit Führerscheinstellen in Berlin und Brandenburg erfahren, dass dies bei den dortigen Sachbearbeitern in Kürze erwartet wird. Was also tun, wenn man auf Nummer sicher gehen will und die Fahrerlaubnis nicht länger als unbedingt erforderlich entbehren kann? Klare Antwort: Als Betroffener sollte man sich schon ab 1,1 Promille rechtzeitig auf die Begutachtung vorbereiten um nicht wertvolle Zeit bei der Wiedererteilung des Führerscheins zu verlieren. Denn wenn die MPU angeordnet wird, kann sich die Neuerteilung der Fahrerlaubnis im ungünstigsten Fall weit über die Sperrfrist hinaus verzögern,. Dies insbesondere, wenn – wie meist – der Nachweis einer sechs- oder zwölfmonatigen Alkoholabstinenz oder die Teilnahme an einer verkehrspsychologischen Therapie noch absolviert werden müssen. Dies kann sehr bittere Auswirkungen – bis hin zum Verlust des Arbeitsplatzes – für den Betroffenen haben.  

Dr. Henning Hartmann, Oranienburg
Fachanwalt für Strafrecht
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Rechtmäßige Kündigung eines Alkoholkranken

Das Arbeitsgericht Berlin hatte am 3.4.14 über die Kündigung eines Berufskraftfahrers (Lkw-Fahrers) zu entscheiden, der anerkannt alkoholkrank war und mit seinem Lkw bei einer Blutalkoholkonzentration von 0,64 Promille einen Unfall verursacht hatte. Das Gericht erklärt, dass die Kündigung im vorliegenden Fall  wirksam sei. Die Pflichtverletzung sei vorliegend dermaßen schwer und vorwerfbar, dass ihn seine Alkoholkrankheit nicht entlaste.   Durch den Unfall war der Unfallgegner verletzt worden. Weiterhin ist ein hoher Sachschaden entstanden. Gegen die ausgesprochene Kündigung hatte der betroffene Arbeitnehmer innerhalb der vorgeschriebenen Dreiwochenfrist Kündigungsschutzklage eingereicht. Das Arbeitsgericht hatte somit über die Frage zu entscheiden, ob die Kündigung gerechtfertigt war, oder ob das Arbeitsverhältnis fortgesetzt werden muss. Eine solche Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ist nach Auffassung des Gerichts dem Arbeitgeber jedoch nicht zuzumuten. Denn die Pflichtverletzung des alkoholisierten Kraftfahrers sei dermaßen gravierend, dass ein Berufen auf die Alkoholkrankheit zurück stehen müsse. Die Klage wurde daher erstinstanzlich abgewiesen.   Auch eine Abmahnung sei vor Ausspruch der Kündigung nicht erforderlich gewesen. Denn das Fehlverhalten wiege derart schwer, dass nach Abwägung aller Umstände eine vorhergehende Abmahnung nicht erforderlich gewesen sei.   Rechtskräftig ist die Entscheidung des Arbeitsgerichts Berlin, die zum Aktenzeichen 24 Ca 8017/23 erging, gleichwohl noch nicht. Denn die Berufung wurde ausdrücklich zugelassen.      

Dr. Henning Hartmann, Oranienburg
 
Fachanwalt für Strafrecht
 
Fachanwalt für Verkehrsrecht
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