Rechts-Journal – Onlinerechtsberatung

Fahrradreifen bleibt in der Bahnschiene hängen. Haftet der Besitzer?

Besonders Menschen in der Großstadt kennen das Problem: Der Fahrradreifen bleibt in der Bahnschiene hängen. Doch haftet der Besitzer für die Vernachlässigung der Verkehrssicherungspflicht? Beim Fahrradfahren und Überqueren von Bahnschienen muss, wenn diese gut sichtbar und von der Straße ausreichend zu unterscheiden sind, auf die möglichen Gefahren geachtet werden. Ein Fahrradreifen kann stecken bleiben und zu einem Fahrradunfall auf den Bahnschienen führen.

Zahlt der Besitzer Schmerzensgeld und Schadensersatz für die verletzte Fahrradfahrerin?

So urteilte auch das OLG Hamm am 9. Juni 2016 (A.Z.: I-6 U 35/16) in folgendem Fall: Eine Fahrradfahrerin kreuzte auf dem Radweg Bahnschienen und blieb mit dem Fahrradreifen in der Bahnschiene hängen. Das Fahrrad wurde beschädigt und die Fahrradfahrerin verletzte sich bei dem Sturz. Daraufhin verklagte sie den Besitzer der Bahnschienenanlage, wegen der Verletzung des Verkehrssicherungspflicht, auf Schmerzensgeld und Schadensersatz. Jedoch ohne Erfolg.

Wenn Bahnschienen ausreichend zu erkennen sind, haftet der Besitzer nicht.

Wer eine Gefahrenstelle wie Bahnschienen, auf der Straße schafft, hat für eine ausreichende und zumutbare Maßnahme zu sorgen. Das entschied der Senat des BGH. In unserem Fall hat der Besitzer der Bahnschienenanlage alle notwendigen Vorkehrungen getroffen. Ihm kann daher keine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht vorgeworfen werden. Die Fahrradfahrerin hätte den Fahrradunfall verhindern können.

Vorsicht beim Fahrradfahren über Bahnschienen

Die Radfahrerin muss mit Vorsicht für Sicherheit sorgen, wenn der Bereich der Bahnschienen nach der Regel in Stand gehalten ist.

(BGH NJW 2007, 1683, 1684)

Erfahren Sie hier mehr über die Helmpflicht für Radfahrer.

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Untersuchung von Blutprobe auch ohne Anordnung des Richters?

In § 81a II StPO (Strafprozessordnung) ist nach bisheriger Stand vermerkt, dass die Anordnung einer Blutprobe generell dem Richter vorbehalten ist. Die Anordnung eines Bluttests durch die Ermittlungsbehörden kam nur dann in Frage, wenn die Gefahr einer Verfahrensverzögerung, die den Erfolg der Untersuchung beeinträchtigen könnte, bestand.

Bei einigen Straftaten kann der Richter keine Blutprobe mehr anordnen

Die Zuständigkeit des Richters wurde, durch das „Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches, des Jugendgerichtsgesetzes, der Strafprozessordnung und weiterer Gesetze“ (BT-Drucks 18/12785 v. 20.6.17, S.2 f.) durch Zusatz des Satzes 2 für Alkohol- oder Drogenverkehrsstraftaten, enthoben. Alle Straftaten nach §§ 315a, 315c und § 316 StGB sind von der Änderung betroffen. Die Staatsanwaltschaft oder ihre Polizeibeamten entscheiden nun primär, ob eine Blutprobe notwendig ist. Es gilt nach Ordnungswidrigkeitsrecht §§ 24a, 24c StVG.

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Ist das Überqueren einer Fahrbahn möglicherweise strafbar?

Zwischen Fahrzeugen und unachtsamen Fußgängern kommt es immer wieder zu Unfällen im Straßenverkehr. Auch, wenn der Fußgänger abgelenkt auf die Straße tritt, kann der Fahrer, bei zu hoher Geschwindigkeit und damit einem zu kurzen Bremsweg, mithaften. Dies entschied das Oberlandesgericht Hamm am 6.4.2017 (Aktenzeichen: 6 U 2/16). Zudem hat der Verkehr ebenso die Pflicht bei einer Gefährdung eines Fußgängers auszuweichen und zu bremsen. Autofahrer müssen die Geschwindigkeit verringern und bremsbereit sein sobald ein Fußgänger auf die Fahrbahn läuft. Kommt es dennoch zu einem Unfall bei erhöhter Geschwindigkeit, haftet der Fahrer zu einem Drittel mit.

Das Überschreiten der Höchstgeschwindigkeit wirkt sich auf das Urteil aus.

So fuhr eine Motorradfahrerin schneller als die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h und erreichte den Ort der Kollision 0,17 Sekunden früher als bei Einhaltung möglich gewesen wäre. Die Fußgängerin hätte sich bei korrektem Fahrverhalten der Motorradfahrerin bereits auf dem Bürgersteig (0,15 Sekunden bis zum Erreichen des Bürgersteigs) befunden. In diesem Fall hat die Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit den Unfall verursacht und es wirkt die Mithaftung, denn hätte die Motorradfahrerin das Tempo verringert, wäre es nicht zum Unfall gekommen.

Ähnlich sieht es das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf in einer aktuellen Entscheidung. Möchte ein Fußgänger eine Straße überqueren und achtet nicht auf den Verkehr auf der linken Seite, muss dieser eine Mitschuld tragen, auch wenn der Fahrer die volle Sicht auf die betroffene Person hatte. Der Verkehr hat auf Straßenabschnitten ohne Fußgängerüberwege prinzipiell Vorrang, da diese primär dem Fahrzeugverkehr dienen und nur mit großer Vorsicht überquert werden dürfen. Eine schmale Straße darf nur überquert werden, wenn der Fußgänger den Bürgersteig erreicht, bevor der Fahrzeugverkehr eingetroffen ist.

Fußgänger dürfen Fahrzeuge nicht behindern und müssen darauf achten nicht in die Fahrspur des Verkehrs zu gelangen.

In Düsseldorf entschied das Oberlandesgericht am 27. Juni 2017 (Aktenzeichen: 1 U 115/16), dass Fußgänger zu nur einem Drittel mithaften, wohingegen das Oberlandesgericht in Hamm die Mitschuld auf zwei Drittel festlegte (s.o.).

Folgen für den Schutz der Haftpflichtversicherung

Hier zahlt natürlich nicht der Verkehrsteilnehmer, sondern es tritt seine Kfz-Haftpflichtversicherung ein. Interessanterweise entscheidet allein der Versicherer über den außergerichtlichen Einsatz. Zudem kann der Versicherte nicht abwenden, dass die Eintrittsentscheidung fällt, da in der Regel beim Versicherungsabschluss eine Regulierungsvollmacht unterzeichnet wird. Daher ist der Versicherer in seiner Entscheidung der Regulierung, eingeschlossen der Prämienerhöhung für den Versicherten, frei.

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Missachtung Rotlicht – Im Zweifel für den Angeklagten!

Rotlicht wurde überfahren. Was können Sie jetzt noch tun?

Häufig steht die Unschuldsvermutung (Zweifelsatz „in dubio pro reo“) im Mittelpunkt der rechtlichen Debatte. Um eine Straftat nachzuweisen, ist in Deutschland eine sichere gerichtliche Feststellung von Nöten. Nur eine Vermutung zu haben oder an den Verlauf der Tat zu glauben, ist nicht ausreichend. Der Vorgang muss genauestens nachgewiesen werden. Wenn dies nicht gewährleistet werden kann, ist es erforderlich den Betroffenen freizusprechen. So soll verhindert werden, dass Unschuldige zu Unrecht verurteilt werden.

Die Schätzung genügt nicht um einen Rotlichtverstoß zu verurteilen

Besonders bei der Polizei trifft dieser Grundsatz auf Gegenwind. Immer wieder verlassen Ordnungshüter verstimmt den Gerichtssaal. Oft wird eine Verfahrenseinstellung oder gar ein Freispruch als Scheitern wahrgenommen. Dabei sollten doch gerade sie diese Maxime vertreten um zu verdeutlichen, dass die persönliche Wahrheit häufig nicht der prozessualen Wahrheit entspricht.

Mit Blick auf einen, am 24. Oktober 2017 vom OLG Hamm zum Aktenzeichen 4 RBs 404/17, entschiedenen Fall, bei dem ein Polizeibeamter einen Rotlichtverstoß von mehr als einer Sekunde beobachtet haben soll. Die Folgen: Ein einmonatiges Fahrverbot für den Betroffenen. Selbstverständlich genügte den Gerichten eine „gefühlte Schätzung“ nicht um einen maßgeblichen Rotlichtverstoß zu verurteilen. Um zuverlässig entscheiden zu können um welche Art des Rotlichtverstoßes es sich handelt, nämlich ein einfacher Rotlichtverstoß von weniger als einer Sekunde oder ein qualifizierter Rotlichtverstoß von mehr als einer Sekunde, wird ein Zeugenbeweis mit technischen Hilfsmitteln benötigt. Soll der Nachweis lediglich durch den Beweis eines Zeugen und ohne technische Hilfsmittel erbracht werden, muss der Beweiswert der Aussage kritisch betrachtet werden.

Die Gerichte handelten nach „in dubio pro reo“

Die Beobachtung der Tat und eine ungefähre Schätzung der Parameter reichte nicht aus um den Fahrer zu verurteilen. Also wurde „in dubio pro reo“ konsequent durchgesetzt.

Quelle: Beschluss des OLG Hamm vom 24.10.2017, Az.: 4RBs404/17

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Autokauf mit PayPal-Zahlung

Autos werden zunehmend online erworben. Die Frage, wann der Anspruch auf den Kaufpreis vergangen ist, wird immer wichtiger. „Wenn das Geld eingegangen ist“, sagt der Verstand. So ist es auch.

Und bei einer PayPal-Überweisung?

Am 22. November 2017 hat der Bundesgerichtshof in zwei Urteilen (A.Z. VIII ZR 83/16 und VIII ZR 213/16) den Fall, der „Käuferschutzantrag“ greift und entzieht dem Verkäufer den Kaufpreis, geprüft. Der Bundesgerichtshof erklärte, dass der Anspruch auf die Kaufpreiszahlung zwar mit dem Eingang des Kaufpreises auf dem vereinbarten PayPal-Konto endet, der Kaufpreis jedoch, bei dem Rückruf der Zahlung, erneut wiederbegründet wird.

Käufer wie Verkäufer müssen sich an die PayPal-Richtlinien halten

Durch die Nutzung des PayPal-Zahlungssystems erklären sich die Vertragsparteien einvernehmlich bereit diese Regelung einzuhalten.

Sie möchten zu dem Käuferschutzantrag ein Kommentar abgeben?

Im Ganzen ist die Entscheidung des BGH nachvollziehbar.

Was denken Sie dazu? Kontaktieren Sie mich gerne.

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Unfallflucht

Regress der Versicherung

Eines der häufigsten Delikte, das im Verkehrsrecht zur Einleitung eines strafrechtlichen Verfahrens führt, ist die sogenannte Unfallflucht (genauer: unerlaubtes Entfernen vom Unfallort, § 142 StGB). Hierbei wird in einem hohen Anteil der Fälle das strafrechtliche Ermittlungsverfahren eingestellt. Die Staatsanwaltschaften können schlicht, um funktionsfähig fähig zu bleiben, nicht jeden Fall zur Anklage bringen. Oftmals wird hier der Weg der Einstellung nach § 153a StPO gewählt. Dies bedeutet, dass das Verfahren gegen Zahlung einer Geldauflage eingestellt wird. Dies ist zunächst eine gute Sache, denn so kann der Betroffene sich weiterhin als unbestraft bezeichnen, zu einer Eintragung in das Bundeszentralregister bzw. das Führungszeugnis kommt es nicht. Auch Punkte in Flensburg werden nicht eingetragen.

Jedoch wird oftmals nicht bedacht, dass auch bei Verfahrenseinstellung im Strafprozess ein folgenschweres Nachspiel im Zivilprozess droht. So kann der Kfz-Haftpflichtversicherer den Regress wegen der Schadensersatzleistungen betreiben, die aufgrund des Verkehrsunfalls an den Geschädigten geleistet wurden. Das Interesse der Kfz-Haftpflichtversicherer zur Geltendmachung eines solchen Regresses ist groß. In der Regel unternehmen die Versicherer konsequent den Versuch, den geleisteten Schadensersatz zurückzufordern. Die Versicherer fordern in der Praxis die Strafakte bei der Staatsanwaltschaft an und bejahen die Erfolgsaussichten für die Geltendmachung von zivilrechtlichen Ansprüchen, jedenfalls bei einer Einstellung des Strafverfahrens gemäß § 153 StPO oder § 153a StPO. Viele Versicherer wollen auch in der Einwilligung zur Einstellung des Verfahrens gegen Geldauflage eine Art „Geständnis“ sehen.

Aufhänger von Seiten des Versicherers ist dabei regelmäßig der Vorwurf, dass der Versicherungsnehmer eine Aufklärungsobliegenheit verletzt hat. Hierbei regelt § 28 Abs. 2 Satz 1 VVG: „bestimmt der Vertrag, dass der Versicherer bei Verletzung einer vom Versicherungsnehmer zu erfüllenden vertraglichen Obliegenheiten nicht zur Leistung verpflichtet ist, ist er leistungsfrei, wenn der Versicherungsnehmer die Obliegenheit vorsätzlich verletzt hat.“ In den Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung (AKB) ist nun geregelt, dass der Fahrzeugführer verpflichtet ist, alles zu tun, was der Aufklärung des Schadensereignisses dienen kann. Dies bedeutet insbesondere, dass der Versicherungsnehmer Fragen des Versicherers zu den Umständen des Schadensereignisses wahrheitsgemäß und vollständig beantworten muss und den Unfallort nicht verlassen darf, ohne die erforderlichen Feststellungen zu ermöglichen. Hierbei fordert eine Verletzung der Aufklärungsobliegenheit nicht, dass die Voraussetzungen des Straftatbestandes (§ 142 StGB) erfüllt sind. Leistungsfrei ist der Versicherer gemäß § 28 VVG, wenn der Versicherungsnehmer die Obliegenheit vorsätzlich verletzt. Vorsätzlichkeit im Sinne von § 28 Abs. 2 VVG erfordert das Wollen der Obliegenheitsverletzung im Bewusstsein des Vorhandenseins der Verhaltensnorm und umfasst auch bedingten Vorsatz, der entsprechend den allgemeinen Regeln gegeben ist, wenn der Betroffene die Obliegenheitsverletzung für möglich hält und billigend in Kauf nimmt. Das Gebot, nach einem Verkehrsunfall die Unfallaufnahme durch die Polizei an Ort und Stelle abzuwarten, stellt eine elementare, allgemeine und jedem Kraftfahrer bekannt Pflicht dar.

Sodann kann jedoch der Gegenbeweis geführt werden. Regress scheidet gemäß § 28 Abs. 3 Satz 1 VVG aus, wenn die Verletzung der Obliegenheit weder für den Eintritt oder die Feststellung des Versicherungsfalls, noch für die Feststellung oder den Umfang der Leistungspflicht des Versicherers ursächlich war. So wird oftmals der Unfallbeteiligte bereits unmittelbar am Tatort oder in Tatortnähe gestellt, oder aber er meldet sich verspätet bei der Polizei. Aus der polizeilichen Unfallaufnahme ist dann bekannt, dass er das Fahrzeug geführt hat. Etwas anderes hätte er auch unmittelbar nach dem Unfall, auch gegenüber dem Versicherer, nicht erklären können. Es müssen gewisse Indizien dafür bestehen, dass die Regulierung durch den Versicherer einen anderen Verlauf genommen hätte, wenn der Unfallverursacher sich vor Ort als solcher zu erkennen gegeben und die notwendigen Feststellungen zeitnah ermöglicht hätte. Kann nun das Gericht im Regressprozess davon überzeugt werden, dass keine andere Unfallregulierung hätte erfolgen können, wenn der Unfallhergang und die Schadensentstehung durch den Versicherer unmittelbar nach dem Unfall in gleicher Weise wie jetzt geschildert worden wäre, so ist ein Regress mangels Ursächlichkeit einer unterlassenen Schadensanzeige ausgeschlossen. Der Versicherer müsste nachweisen, welchen anderen Verlauf die Regulierung voraussichtlich genommen hätte, wenn der Versicherungsnehmer die notwendigen Feststellungen am am Unfallort ermöglicht hätte. (Vgl. unter anderem OLG Frankfurt, ZfS 2015,396; OLG Naumburg ZfS 2012,696).

Der Kausalitätsgegenbeweis (s. o.) Kann in den Fällen nicht erbracht werden, in denen der Versicherungsnehmer die Obliegenheit arglistig verletzt hat, § 28 Abs. 3 Satz 2 VVG. Hier ist jedoch zu beachten, dass weder im Falle einer strafrechtlichen Verurteilung wegen unerlaubten Entfernen vom Unfallort noch bei einer Einstellung des Strafverfahrens gemäß § 153a StPO zwingend von einer arglistigen Obliegenheitsverletzung ausgegangen werden kann (vgl. unter anderem LG Duisburg, R+S 2013, 541). Einen allgemeinen Erfahrungssatz, dass derjenige, der sich unerlaubt vom Unfallort entfernt, damit stets einen gegen die Interessen des Versicherers gerichteten Zweck verfolgt, gibt es schlicht nicht. Die arglistige Verletzung der Aufklärungsobliegenheit setzt voraus, dass der Versicherungsnehmer einen gegen die Interessen des Versicherers gerichteten Zweck verfolgt und weiß, dass sein Verhalten die Schadensregulierung möglicherweise beeinflussen kann. Von einem arglistigen Verhalten ist daher nur dann auszugehen, wenn der Versicherungsnehmer durch seine Unfallfluchtumstände verschleiern wollte.

Weiterhin ist zu beachten, dass der Regress des Versicherers nur in begrenztem Umfang möglich ist, da es gesetzliche Höchstgrenzen gibt. Im Normalfall, also bei üblichen Pflichtverstößen, liegt der Höchstbetrag bei 2.500 €. Nur bei besonders schwerwiegenden Pflichtverletzungen kann ausnahmsweise Regress bis zu einem Betrag von 5.000,- € gefordert werden. Ein solcher Fall liegt nur dann vor, wenn sich das Verhalten des Versicherungsnehmers von dem „Normalfall“ einer vorsätzlichen Obliegenheitsverletzung deutlich ab. Für den Fall des unerlaubten Entfernen vom Unfallort genügt die bloße Entfernung des Versicherungsnehmers und seines Fahrzeuges von der Unfallstelle nicht, um ein besonders schwerwiegendes Verschulden anzunehmen. Vielmehr müssen weitere erschwerende Umstände hinzukommen (vgl. u.a. BGH NJW 1982, 2323). Ein solches besonders schwerwiegendes Verschulden ist bei Unfällen mit Personenschäden anzunehmen, wenn der Versicherungsnehmer sich vom Unfallort entfernt, ohne sich um die Verletzten zu kümmern oder bewusst den Unfallhergang verschleiert und vorsätzlich wahrheitswidrige Angaben macht. Auch wenn der Fahrer damit rechnen muss, dass Menschen zu Schaden gekommen sind, liegt ein Fall einer schweren Unfallflucht vor. Keinesfalls kann dies im Fall eines normalen „Parkplatzrempler“ der Fall sein.

Kommt Alkohol oder kommen Drogen dazu, gilt folgendes. War der Fahrzeugführer bei der Unfallflucht zusätzlich alkoholisiert oder stand er unter Drogen, so kann der Versicherer den Fahrzeugführer zusätzlich in Regress nehmen wegen einer Obliegenheitsverletzung vor Eintritt des Versicherungsfalls gemäß § 28 Abs. 2 VVG. Nach D.2.1 der AKB 2008 darf das Fahrzeug nicht gefahren werden, wenn der Fahrer durch alkoholische Getränke fahrunfähig ist. Hierbei ist die Obliegenheitsverletzung vorsätzlich, wenn der Fahrzeugführer bei seiner erheblichen Alkoholisierung erkennen konnte, dass er nicht mehr fahrtauglich war.

Führt der Führer eines Fahrzeuges mit einem Blutalkoholgehalt von mindestens 1,1 Promille, also im Zustand der absoluten Fahruntüchtigkeit sein Fahrzeug, ist im Regelfall von einer grob fahrlässigen Obliegenheitsverletzung auszugehen. Dies reicht also für die Bejahung der Voraussetzungen für den Regress noch nicht aus. Denn nur im Ausnahmefall kann eine vorsätzliche Obliegenheitsverletzung bejaht werden, da die eigene erhebliche Alkoholisierung nicht notwendigerweise auch erkannt wird. Der Versicherer ist dabei für das Vorliegen von Vorsatz beweispflichtig.

Im übrigen gelten auch für den Regress wegen Alkohol am Steuer Höchstgrenzen. Der Regress ist auf höchstens 5.000 € beschränkt. Im Fall einer grob fahrlässigen Verletzung der Obliegenheit ist der Versicherer berechtigt, seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers entsprechenden Verhältnis zu kürzen.

Stichwort mehrere Obliegenheitsverletzungen: hat der Versicherungsnehmer mehrere Obliegenheiten verletzt, stellt sich die Frage, ob die Regressgrenzen verdoppelt werden können. Hierbei wird auf die Obliegenheit vor dem Versicherungsfall, zum Beispiel wegen der Alkoholisierung vor Antritt der Fahrt, und einer Obliegenheitsverletzung nach Tatbegehung, also beispielsweise durch Entfernen vom Unfallort, unterschieden. Wenn sowohl vor, als auch nach Eintritt des Versicherungsfalls Obliegenheiten verletzt wurden, können beide Beträge, bis zu denen der Versicherer Leistungsfreiheit in Anspruch nehmen kann, addiert werden Vergleich unter anderem OLG Frankfurt, NJW-RR 2015,28). Die Obliegenheiten vor Eintritt des Versicherungsfalls und diejenigen nach Eintritt des Versicherungsfalls bestehen eigenständig nebeneinander. Dies wird damit begründet, dass die Obliegenheiten eine unterschiedliche Zielrichtung haben. In dem einen Falle (Alkohol am Steuer) ist die Pflicht betroffen, sich gar nicht erst an Steuer zu setzen, im anderen Fall (Unfallflucht) wird das Aufklärungsinteresse des Versicherers betroffen. Nach der überwiegenden Auffassung in der Rechtsprechung (anderer Ansicht ist nur das OLG Nürnberg) kann damit insgesamt eine Leistungsfreiheit bis zur Höchstgrenze von 10.000 € eintreten, wenn jemand betrunken einen Unfall verursacht und sich sodann entfernt.

Allerdings scheidet ein Addieren der Regressbeträge aus, wenn mehrere Obliegenheitsverletzungen innerhalb eines einheitlichen Lebenssachverhalts entweder vor oder nach Eintritt des Versicherungsfalls begangen wurden.

Oftmals trägt der Beklagte im Zivilverfahren vor, er habe den Verkehrsunfall nicht bemerkt und daher nicht gegen seine Aufklärungspflicht verstoßen. Der Versicherer argumentiert regelmäßig dagegen und behauptet, der Versicherungsnehmer habe mit der Einstellung des Strafverfahrens seine Verantwortung für sein Verhalten übernommen und habe sich vom Unfallort unerlaubt entfernt, es sei nur nicht zu einer strafrechtlichen Verurteilung gekommen. Die Einstellung des Strafverfahrens wegen des Tatvorwurfs gemäß § 142 StGB entfaltet für das Zivilgericht keine Bindungswirkung. Das Gericht darf diesen Ausgang des Strafverfahrens nicht als Beleg für eine Unfallflucht anführen. Im Zivilverfahren muss vielmehr die Frage, ob eine Obliegenheitsverletzung gegenüber dem Versicherer begangen wurde, anhand von Beweismittel überprüft werden, der diese Frage durch die Einstellungsverfügung nach § 153a StPO im eingeleiteten Strafverfahren letztendlich unentschieden geblieben ist (vgl. u.a. LG Itzehoe, NJW-RR 1988, 800). In der Regel muss daher im Zivilverfahren ein Gutachten zur Bemerkbarkeit der Kollision eingeholt werden oder Zeugen dazu vernommen werden, ob die Kollision für den Versicherungsnehmer bemerkbar war. Die Beweislast für die Verletzung einer Obliegenheit hat – dies ist ganz entscheidend – der Versicherer! (vgl. u.a. BGH VersR 2007, 389).

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Entziehung der Fahrerlaubnis und Entschuldigung

Wenn die Fahrerlaubnis entzogen wird, wird eine Sperrfrist für die Wiedererteilung vom Gericht festgesetzt (§ 69a StGB). Die Bemessung der Sperrfrist hängt hierbei von der Schwere der Tat ab. Die Sperrfrist ist eine Nebenfolge im Rahmen des Rechtsfolgenausspruches. In einem vom Landgericht Landshut entschiedenen Fall hatte das Gericht die erhöhte Länge der Sperrfrist für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis unter anderem damit begründet, dass der Angeklagte in der Hauptverhandlung gegenüber dem Geschädigten „keinerlei Mitgefühl“ gezeigt hatte. Er hatte sich auch nicht bei ihm entschuldigt und sonst keinerlei Bedauern erkennen lassen. Hierauf gestützt war eine erhebliche, verlängerte Sperrfrist angeordnet worden.

Die Mindestsperrfrist der Fahrerlaubnis

Dies hat der Bundesgerichtshof (BGH) als rechtsfehlerhaft beanstandet. Er hat daraufhin eine kürzere Sperrfrist festgesetzt, nämlich nur noch die Mindestsperrfrist von drei Monaten (BGH, Entscheidung vom 5.7.2016, Aktenzeichen 4 SDR 188/6).

Nach Auffassung des BGH lasse die unterbliebene Entschuldigung keinen Schluss auf eine rechtsverbindliche, durch besondere Rücksichtslosigkeit oder Gleichgültigkeit gegenüber der Rechtsordnung geprägte Gesinnung oder Gefährlichkeit des Angeklagten zu. Daher dürfen, so der BGH, diese Gesichtspunkte ebenso wenig, wie bei der Strafzumessung bei der Prognoseentscheidung über die Geeignetheit zum Führen von Fahrzeugen im Rahmen des § 69a StGB, zum Nachteil des Angeklagten berücksichtigt werden.

Auf der sicheren Seite mit der Rechtsberatung

Auch an dieser Entscheidung wird wieder deutlich, dass häufig unzulässige Erwägungen der Ausgangsgerichte (Amtsgerichte und Landgerichte) zur Verletzung von Verfahrensvorschriften führen, die die Rechte des Angeklagten schützen sollen. Jeder Betroffene sollte sich daher beraten lassen und einen Verteidiger beauftragen, der auf die Einhaltung dieser Recht pocht. Dies kann sich im Ergebnis maßgeblich auf die Rechtsfolge auswirken, wie zum Beispiel im vorliegenden Fall auf die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis.

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Blutentnahme nach Alkoholfahrt zulässig?

Wenn Polizeibeamte einen Verkehrsteilnehmer anhalten und der Verdacht besteht, dass dieser unter Alkohol am Steuer sitzt, müssen sie im Rahmen der Ermittlungsschritte bestimmte Voraussetzungen einhalten, damit die Tat nachgewiesen werden kann. Beispielsweise ist die Durchführung des sogenannten Dräger-Tests („Pusten“) absolut freiwillig. Niemand kann gezwungen werden, zu pusten. Viele Verkehrsteilnehmer wissen dies nicht.

Wenn sodann eine Blutprobe entnommen werden soll, sind weitere Formvorschriften einzuhalten. Es gilt hierfür der Richtervorbehalt des § 81a Abs. 2 Strafprozessordnung (StPO). Dies bedeutet, dass durch eine richterliche Anordnung der Blutentnahme, die schließlich ein Eingriff in die körperliche Unversehrtheit ist, ihre Berechtigung verliehen wird. Dies ist Voraussetzung dafür, dass das Beweismittel dann – später – im Strafprozess überhaupt verwertet werden darf.

In einer neueren Entscheidung hat das OLG Oldenburg ein Beweisverwertungsverbot angenommen. In der Sache konnten sich zwei Amtsgerichte nicht einigen, wer für die Anordnung der Blutentnahme zuständig war. Daraufhin hat der handelnde Polizeibeamte mit der Begründung „Gefahr im Verzug“ die Blutentnahme angeordnet. Dies ist unzulässig.

Das OLG Oldenburg hat in seiner Entscheidung vom 20. Juni 2016 (Aktenzeichen 2 Ss (OWi) 152/16) diese Vorgehensweise für rechtswidrig erklärt. Damit war die Blutentnahme im Verfahren nicht verwertbar, der Betroffene musste freigesprochen werden. Zur Begründung hat das OLG unter anderem ausgeführt, dass vorliegend die Gerichte sich schließlich geweigert hatten, die Blutentnahme anzuordnen. Es könne in diesem Falle nicht sein, dass dadurch eine im Gesetz so nicht vorgesehene Einzelteilzuständigkeit geschaffen werde. Dies hatte das Bundesverfassungsgericht in einem vergleichbaren Fall ebenso gesehen (NJW 2015, 2787).

Das allgemeine Willkürverbot, das aus Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz folge, sei insbesondere auch verletzt, weil es nicht um einen erstmaligen Zuständigkeitsstreit zwischen den hier betroffenen Amtsgerichten ging. Damit seien, so das OLG, die Amtsgerichte der ihnen übertragenen Verantwortung in objektiv nicht nachvollziehbare Art und Weise nicht nachgekommen.

Interessant in diesem Zusammenhang ist noch folgender Gesichtspunkt. Wenn ein Beweisverwertungsverbot im Strafverfahren greift (s.o., § 81a StPO) kann nach Auffassung einiger Gerichte im Rahmen des fahrerlaubnisrechtlichen Verfahrens (Anordnung der MPU) gleichwohl auf Grundlage der Blutprobe die Fahrerlaubnis entzogen werden. Nachdem das Bundesverfassungsgericht in diesen Fällen – völlig zu Recht – von einer“ flächendeckenden Aushebelung Richtervorbehaltes“ gesprochen hat, haben einige Verwaltungsgericht (unter anderem VG Gelsenkirchen, Entscheidung vom 15.1.16, 7 L 1793/16) hier keinen Hinderungsgrund gesehen, die Blutprobe im Rahmen der verwaltungsrechtlichen Entziehungsmaßnahme zu verwerten. Ein äußerst fragwürdiger Ansatz, weil hierdurch die Rechte des Betroffenen schlicht umgangen werden.

Dr. Henning Hartmann

Fachanwalt für Strafrecht
Fachanwalt für Verkehrsrecht

+49 30 69 59 84 00

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Was tun nach einem Unfall?

Darf man nach einem Unfall nach Grundlage des Gutachtens abrechnen, obwohl ich mein Aouto schon verkauft habe, oder es verkaufen möchte? Das Video verät mehr!

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Unzulässige Kürzung

Kürzung durch Verweis auf andere Werkstatt durch den Versicherer

Immer wieder kürzen Versicherer den Anspruch von Geschädigten nach einem Unfall dadurch, dass sie das Gutachten nicht akzeptieren und Reparatursätze von einer durch sie benannten Partnerwerkstatt ansetzen. Dies ist in den meisten Fällen unzulässig.

Der BGH hat nun in seinem Urteil vom 20.4.2015 (Aktenzeichen VI ZR 267/14) nochmals darauf hingewiesen, dass der Schädiger dem Geschädigten gemäß § 254 Abs. 2 BGB auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit nur dann verweisen kann, wenn diese mühelos und ohne weiteres zugänglich ist. Weiterhin muss er darlegen, dass eine Reparatur in dieser Werkstatt vom Qualitätsstandard her der Reparatur in einer markengebundenen Werkstatt vollständig entspricht. Hierfür muss er den Vollbeweis führen. Weiterhin muss er diejenigen Umstände widerlegen, die von dem Geschädigten aufgezeigt werden und belegen, dass eine Reparatur außerhalb einer markengebundenen Werkstatt für ihn unzumutbar ist.

Unzumutbar ist eine Reparatur hiernach in einer „freien Fachwerkstatt“ für den Geschädigten insbesondere dann, wenn sie nur deshalb kostengünstiger ist, weil ihr nicht die marktüblichen Preise dieser Werkstatt, sondern auf vertraglichen Vereinbarungen mit dem Haftpflichtversicherer des Schädigers beruhende Sonderkonditionen zu Grunde liegen.

Weiterhin hat der Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherer darzulegen und zu beweisen, dass die von ihm benannte „freien Fachwerkstatt“ für die Reparaturen am Fahrzeug des Geschädigten ihre marktüblichen, d.h. allen Kunden zugänglichen Preise zu Grunde legt. In dem vorliegenden Fall (Entscheidung des BGH vom Urteil vom 20.4.2015) hatte der Versicherer auf drei günstigere Werkstätten verwiesen. Davon waren zwei Partnerwerkstätten des Versicherers. Die dritte war es nicht, hatte dafür aber am Wohnort des Geschädigten nur eine „Annahmehalle“. Ihr Betrieb zur Durchführung von größeren Reparaturen, hier zu, liegt ca. 130 km entfernt. Abgerechnet die beklagte Versicherung nach den Preisen der günstigsten der drei benannten Werkstätten. Das war eine der beiden Partnerwerkstätten, mit denen die Beklagte versicherungvertragliche Beziehungen zur Regulierung von Kaskoschäden unterhält.

Das Berufungsgericht hatte keine einzige der drei Verweisungswerkstätten anerkannt

Hierbei hatte es insbesondere dargelegt, dass die beiden Partnerwerkstätten durch ihre enge Beziehung zu dem beklagten Versicherer disqualifiziert seien. Es müsse sich praktisch der Geschädigte in die Hände des Schädigers begeben, was mit der Ersetzungsbefugnis unvereinbar sei. Auch die dritte, in jeder Hinsicht „freie“ Werkstatt hat das Landgericht Hamburg aus Entfernungsgründen abgelehnt. Dies hat der BGH in dem hier zitierten Urteil bestätigt. Allerdings könne allein der Umstand, dass die fragliche „freie Fachwerkstatt“ mit dem Haftpflichtversicherer in Bezug auf Reparaturen von Kaskoschäden seiner Versicherungsnehmer vertraglich verbunden ist, eine Verweisung auf sie nicht zumutbar erscheinen lassen. Denn die Abrechnung von Kaskoschäden sei insofern etwas anderes und eine diesbezügliche Zusammenarbeit würde die Ersetzungsbefugnis des Geschädigten nicht einschränken.

Keine Verpflichtung besteht

Noch einmal ganz deutlich: nur wenn der zur Zahlung verpflichtet Haftpflichtversicherer nachweisen kann, dass die benannte Fachwerkstatt für die Reparatur des Fahrzeuges ihre marktüblichen, d.h. allen Kunden zugänglichen Preise zu Grunde liegt, dann steht eine Vereinbarung von Sonderkonditionen für Versicherungsnehmer des Haftpflichtversicherers (Kasko) einer Verweisung nicht entgegen. Hierbei muss der eintrittspflichtige Haftpflichtversicherer beweisen, dass es sich um „Jedermannpreise“ handelt, die die Alternativwerkstatt anbietet. In trifft wie gesagt die volle Beweislast. Der Geschädigte darf mit Nichtwissen bestreiten.

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