Trunkenheit im Straßenverkehr-Vorsatz

Bei einer vorsätzlichen Trunkenheit im Straßenverkehr ist Strafbarkeit nach Paragraf 316 StGB gegeben. Das Gesetz sieht hier Geldstrafe oder Freiheitsstrafe (in schweren Fällen) sowie die Entziehung der Fahrerlaubnis mit Verhängung einer Sperrfrist (§ 69 StGB) vor.

Hierbei kommt es in mehrfacher Hinsicht maßgeblich darauf an, ob der Täter fahrlässig oder vorsätzlich handelte. Vorsätzliches Handeln bedeutet, dass der Täter gewusst hat oder es als nicht ganz fernliegend erkannt hat, dass er sich jenseits der Grenze von 1,1 Promille befindet und sich dennoch ans Steuer eines Fahrzeuges setzt. Absatz der BGH hatte unter den 9. April 2015 (Aktenzeichen vier StR 401/14) einen Fall zu entscheiden, indem der Täter 1,24 Promille im Blut hatte. Außerdem hatte der Täter keinen Führerschein und fuhr in Berlin zunächst auf einem privaten Hofgelände, auf dem sich mehrere Bars und Kneipen befanden, wobei er das Fahrzeug wiederholt mit Handbremsen kehren und quietschenden Reifen wendete. Dabei fuhr er auch auf den im Inneren eines Tores bestehenden Zeugen zu. Obwohl die unbekannt gebliebene Personengruppe ihn wegen seiner Alkoholisierung mehrfach aufzuhalten versuchte, verließ der Angeklagte mit dem PKW das Gelände und bevor öffentliche Straßen bis er durch Polizeibeamte gestoppt werden konnte. Der Angeklagte wusste, dass er nicht im Besitz einer Fahrerlaubnis war und nahm zumindest billigend in Kauf, dass er infolge seiner alkoholischen Beeinflussung nicht in der Lage war, das Fahrzeug sicher zu führen. Eine ihm um 13:05 Uhr entnommene Blutprobe ergab eine Blutalkoholkonzentration von 1.24 Promille.

BGH hat die Beweiswürdigung des Landgerichtes als Vorinstanz zur Frage des Vorsatzes als lückenhaft und damit rechtsfehlerhaft befunden. Er hat daraufhin das Urteil aufgehoben und zurückverwiesen. Zur Begründung führt der BGH aus, dass die Strafkammer des LG die Feststellung, dass der Angeklagte mit zumindest bedingtem Vorsatz gehandelt hat, allein aus dem Umstand habe schließen wollen, dass die Personengruppe den Angeklagten wegen seiner deutlichen Alkoholisierung zum anhalten und aussteigen zu bewegen versucht habe. Das Urteil enthält aber keinerlei Feststellungen dazu, dass der Angeklagte diese Anhalteversuche überhaupt gemerkt und den Grund hierfür erkannt hat. Zum Trinkverlauf und insbesondere zum Trinkende (also dem Zeitpunkt, zu dem aufgehört wurde, Alkohol zu trinken) hat das Landgericht keine Feststellungen getroffen, obwohl diese angesichts der festgestellten Tatzeit von Bedeutung sein konnten. Auch das sonst auffällige Verhalten des Angeklagten hat das Landgericht zur Begründung des Vorsatzes nicht herangezogen. Der Schluss der Richter des Landgerichtes auf eine vorsätzliche Tatbegehung ist daher im vorliegenden Fall für nicht zulässig erachtet worden. Zwar ist der Tatrichter durch Paragraf 261 StPO nicht gehindert anzunehmen, dass eine Blutalkoholkonzentration umso eher für eine vorsätzliche Tat spricht, je höher sie ist (vgl. vgl. BGH, Beschl. v. 25.8.1983 – 4 StR 452(83, VRS 65, 359 ff.)

Der Richter beim Landgericht (da es sich um eine Tatsacheninstanz handelt, spricht man von „Tatrichter“) muss sich jedoch dann bewusst sein, dass er sich lediglich auf ein widerlegbares Indiz stützt, dass zwar wichtig ist, im Einzelfall der ergänzenden Berücksichtigung anderer anderer Beweis Umstände jedoch bedürfen kann. Will er die Annahme bedingten Vorsatz ist damit begründen, dass ein Täter mit einer hohen Blutalkoholkonzentration im Allgemeinen weiß, dass er große Mengen Alkohol getrunken hat, so dass ich ihm die Möglichkeit einer Fahruntüchtigkeit aufdrängt, muss er erkennen lassen, dass er lediglich einen Erfahrungssatz mit einer im konkreten Fall widerlegbaren Wahrscheinlichkeit Aussage zur Anwendung bringt, nicht aber einen wissenschaftlichen Erfahrungssatz. Dies hat der BGH bereits im Jahre 1988 entschieden. Es ist deshalb einerseits nicht ausgeschlossen, dass der Vorwurf bedingt vorsätzlichen Handelns trotz Aufnahme einer erheblichen Alkoholmenge im konkreten Fall, etwa wegen eines länger zurückliegenden Zeitraums der Alkoholaufnahme oder bei Konsum von Mischgetränken mit unbekanntem Alkohol Anteil als entkräftet angesehen werden kann. Andererseits kann, wenn keine Besonderheiten vorliegen, auch im Einzelfall schon allein die Aufnahme einer die Grenze zur absoluten Fahruntüchtigkeit von 1,1 Promille nur knapp überschreitenden Alkoholmenge dem Tatrichter die Überzeugung von einer vorsätzlichen Tatbegehung verschaffen. Schematische Erwägungen der obergerichtlichen Rechtsprechung etwa dahin, die Notwendigkeit ergänzender Feststellungen zur Begründung des bedingten Vorsatzes bestehe vornehmlich im Bereich von Blutalkoholkonzentrationen zwischen 1,1 und zwei Promille und nehme daher mit der Höhe der festgestellten Blutalkoholkonzentration ab (so z.B. das OLG Düsseldorf NZV 1994, 367), vermögen, zumal sie in dieser Allgemeinheit nicht zu treffen, die Würdigung der Beweisanzeichen des konkreten Einzelfall ist nicht zu ersetzen.

Nicht vereinbar mit den vorgenannten Grundsätzen ist ferner die obergerichtliche Rechtsprechung, soweit sie annimmt, beide weit über dem Grenzwert zur absoluten Fahruntüchtigkeit liegenden Blutalkoholwerten verringere sich die Erkenntnis und Kritikfähigkeit in einer den vorsatzausschließenden Weise und es trete damit (erneut) vorsatzausschließendender Glaube an die Fahrtüchtigkeit ein.

Es bleibt daher dabei, dass das Gericht die Umstände des Einzelfalles vollständig zu würdigen hat. Vorliegend hat somit das Gericht seiner Aufklärungspflicht nicht vollständig genüge getan. Daher konnte die vorsätzliche Tatbegehung, an die erhebliche Folgen geknüpft sind (beispielsweise tritt die Rechtschutzversicherung dann nicht mehr ein beziehungsweise sie kann den Verkehrsteilnehmer in Regress nehmen) vorliegend nicht zum Gegenstand des Urteils gemacht werden.

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