500.000,- Euro Schmerzensgeld ausgeurteilt

Hohe Schmerzensgeldurteile kennt man eigentlich nur aus den USA. Gelegentlich lässt aber auch ein Deutsches Gericht aufhorchen. So wie am 26.9.14 das OLG Oldenburg zum Aktenzeichen 12 U 50/14. Es wurde einem Mann, der nach einer Betriebsfeier von einem Kollegen überfahren worden ist und seit vier Jahren im Wachkoma liegt, ein Schmerzensgeld in Höhe von 500.000 Euro zugesprochen. Die beiden Männer gerieten in einen Streit, bei dem der Beklagte den Kläger bei einer Betriebsfeier zunächst ins Gesicht schlug. Später verließ zunächst der Beklagte und kurze Zeit später der Kläger den Ort des Geschehens. Und dann passierte folgendes. Mit 1,85 Promille im Blut führ der Beklagte zunächst noch von dem Gelände, auf dem sich die Betriebsfeier abspielte. Auf dem Gelände einer Tankstelle wendete er dann aber, beschleunigte und fuhr mit hohem Tempo zum Betriebsgelände zurück. Der Kläger stand dort auf der Straße, wurde vom Fahrzeug des Beklagten erfasst und lebensgefährlich verletzt. Der Kläger erlitt u.a. ein Polytrauma mit schwerstem Schädel-Hirn-Trauma. Er liegt seit dem Vorfall im Wachkoma und wird künstlich ernährt. Nach Auffassung des OLG Oldenburg ist ein Schmerzensgeld i.H.v. 500.000 Euro angemessen. Das Schmerzensgeld solle insbesondere einen Ausgleich für erlittene Schmerzen und Leiden darstellen und dem Verletzten Genugtuung für das ihm zugefügte Leid geben. Eine schwerere Gesundheitsschädigung als die vom Kläger erlittene sei kaum vorstellbar. Der Kläger, ein damals 35-jähriger, verheirateter Familienvater von drei Kindern im Alter von drei, acht und neun Jahren liege seit vier Jahren im Wachkoma. Er sei nicht ansprechbar und könne sich nicht mitteilen. Ihm sei damit die Basis für eine eigene Persönlichkeit genommen und er sei nicht mehr in der Lage, ein normales Leben zu führen. Ein Sachverständiger hatte im Prozess die dauerhafte Unterbringung in einem Pflegeheim für erforderlich erachtet. Für diesen Zustand sei der Beklagte verantwortlich. Er habe sich, wenn auch nicht vorsätzlich, so doch unter Außerachtlassung jeglicher Sorgfaltspflichten, nach der Betriebsfeier schwer alkoholisiert in sein Auto gesetzt, auf dem Tankstellengelände gewendet und sei dann mit überhöhter Geschwindigkeit die Straße vor dem Betriebsgelände entlang gefahren. Er habe die Arbeitskollegen wegen der vorherigen Streitigkeit provozieren wollen. Aufgrund dieser groben Fahrlässigkeit sei der Kläger von dem Pkw mit mindestens 60 km/h erfasst worden. Ein Mitverschulden des Klägers hat das Oberlandesgericht verneint. Das LG Osnabrück hatte zunächst in einem Teilurteil über das Schmerzensgeld und die Haftung dem Grunde nach entschieden. Nach dem Urteil des OLG Oldenburg wird das LG Osnabrück nun insbesondere noch über die Höhe des weiteren Schadenersatzes zu entscheiden haben. Strafrechtlich wurde der Beklagte vom LG Osnabrück wegen fahrlässiger Körperverletzung in Tateinheit mit fahrlässiger Straßenverkehrsgefährdung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren auf Bewährung verurteilt.

Dr. Henning Hartmann, Oranienburg
Fachanwalt für Strafrecht
Fachanwalt für Verkehrsrecht

 

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