In Straf- oder Bußgeldverfahren kommt es häufig auf die Täteridentifizierung an. In diesem Zusammenhang ist zunächst von Bedeutung, dass niemand, gegen den ermittelt wird, eine Aussage machen muss. Keiner ist verpflichtet, zu seiner eigenen Verurteilung beizutragen. In der Regel ist es so, dass jede Einlassung zur Tat einen Fehler darstellen kann. Insbesondere wenn man Angaben dazu macht, überhaupt am Tatort gewesen zu sein. Ohne Rücksprache mit Ihrem Verteidiger sollten Sie also niemals Angaben machen. Dies gehört zu Ihren grundlegenden Rechten im Strafverfahren und kann Ihnen auch nicht nachteilig ausgelegt werden.
Was viele nicht wissen
Auch bei Verkehrsordnungswidrigkeiten, wie z.B. Geschwindigkeitsverstößen, ist die Identifizierung des Fahrers als Täter erforderlich, damit es zu einer Verurteilung kommen kann. Viele denken, wenn sie als Fahrzeughalter eines Pkw Post von der Bußgeldstelle bekommen, müssen sie automatisch zahlen. Dies ist falsch. Denn in Deutschland gilt, dass der Täter (nicht: der Halter eines Fahrzeuges) überführt werden muss. Eine Ausnahme hiervon gilt bei Parkverstößen, hier gibt es die sog. Halterhaftung.
Kann die Täteridentifizierung nicht erfolgen?
Wenn also nicht der Täter einer bestimmten Ordnungswidrigkeit ermittelt werden kann, muss der betroffene Halter freigesprochen oder das Verfahren eingestellt werden. Jede Rechtsfolge (Bußgeld, Punkte oder Fahrverbot) unterbleibt dann, auch der Halter kommt unbestraft aus der Sache heraus.
Maßgeblich ist also, wie die Identifizierung des Fahrers erfolgen muss.
Wenn bei einem Geschwindigkeitsverstoß der Betroffene angehalten wird und seine Personalien aufgenommen werden, ist dies unproblematisch (die Frage der Verwertbarkeit der Messung steht auf einem anderen Blatt). Häufig werden aber lediglich Fotos gefertigt und sind dann als Beweismittel in der Verfahrensakte. Für diesen Fall hat das OLG Koblenz in seinem Beschluss vom 21.9.2012 (A.Z.: 2 SsBs 54712) klargestellt: Für eine rechtsfeste Identifizierung müssen die Urteilsgründe so gefasst sein, dass das Rechtsbeschwerdegericht prüfen kann, ob das Beweisfoto für die Täterindentifizierung überhaupt geeignet ist. Hierbei ist die bloße Mitteilung, das Lichtbild sei in Augenschein genommen worden, nicht ausreichend. Vielmehr muss eine prozessordnungsgemäße Verweisung i.S.v. § 267 I S.3 StPO erfolgen. Dies bedeutet zum einen, dass die Urteilsfeststellungen Ausführungen zur Bildqualität enthalten müssen. Zum anderen müssen die abgebildete Person oder mehrere charakteristische Identifizierungsmerkmale so präzise beschrieben werden, dass dem Rechtsbeschwerdegericht anhand der Beschreibung in gleicher Weise wie bei der Betrachtung des Fotos die Prüfung ermöglicht wurde, ob dieses zur Identifizierung generell geeignet ist. Diese Formulierung ist gar nicht so einfach. Wenn dies nicht beachtet wird, muss das Urteil aufgehoben werden.
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