Unfall auf Parkplatz – wer hat Schuld?

(Oranienburg) Unfälle auf Parkplätzen beschäftigen immer wieder Anwälte und Gerichte. Insbesondere ist zu beobachten, dass die Versicherungen sich regelrecht auf kleinste Verfehlungen stürzen, um eine Kürzung der berechtigten Ansprüche eines Unfallbeteiligten vorzunehmen. Besonders beliebt sind hierbei die Unfälle, die sich auf Parkplätzen ereignen. Hier bieten sich willkommene Einfallstore für die Versicherung.

Heute soll es um die Frage gehen, ob auf einem Parkplatz die Vorfahrtsregel, die wir alle ja gut aus dem öffentlichen Straßenverkehr kennen, zur Anwendung kommt. Es stimmt nämlich: Wenn es auf einem öffentlich zugänglichen Parkplatz zu einer Kollision zwischen zwei Fahrzeugen kommt, gelten für die Frage der gegenseitigen Ansprüche aus Sicht der Gerichte, die ja letztendlich über die Ansprüche zu entscheiden haben, besondere Regeln. So gilt für sämtliche Beteiligte auf Parkplätzen in besonderem Maße das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme (§ 1 II StVO). Hieraus folgt, dass im Zweifel, also wenn eine eindeutige Klärung der beiderseitigen Verursachung möglich ist, eine Haftungsteilung vorzunehmen ist.

Und was ist nun mit der Regel „Rechts vor Links„, ist sie auf Parkplätzen abgeschafft? Antwort: im Normalfall schon, es sei denn, die Markierungen ergeben ein eindeutiges Straßenbild. In einem von dem Landgericht Detmold zum Aktenzeichen 10 S 1/12 im Mai 2012 entschiedenen Fall (Vorinstanz: Amtsgericht Lemgo) hatte sich der Unfall auf einem Kaufhausparkplatz ereignet, der lediglich mit Parkbuchten markiert war. Andere, straßenähnliche Markierungen waren nicht vorhanden. Der von rechts kommende Fahrer konnte sich nicht mit seiner Argumentation durchsetzen, das der Unfallgegner, von links kommend, sein Vorfahrtsrecht nicht beachtet habe. Die Schadensteilung zu jeweils 50% aufgrund des gegenseitigen Rücksichtnahmegebotes (s.o.) sei zutreffend. Lediglich, wenn einander kreuzende Verbindungswege hinsichtlich ihrer Erscheinung (Markierung, Breite, Verkehrsführung) im Wesentlichen gleichartige Merkmale aufweisen, so dass sich ein deutlicher Straßencharakter der Fahrbahnen ergibt, kommt die Vorfahrtsregel „Rechts vor Links“ zur Anwendung. Wenn aber, wie im vorliegenden Fall, lediglich Parkflächenmarkierungen vorhanden sind, kommt die Regel „Rechts vor Links“ auf dem Parkplatz nicht zum Tragen.

Wichtig: versuchen Sie die Unfallregulierung mit der gegnerischen Haftpflichtversicherung nicht ohne die Hilfe eines Verkehrsanwaltes. Die Versicherungen nehmen oft Kürzungen vor, von denen Sie im Zweifel gar nichts merken. Zurück bleibt ein ungutes Gefühl, weil man nicht weiß, ob man betrogen wurde. Und erst DANN zum Rechtsanwalt zu gehen, ist für diesen unbefriedigend. Denn wenn schon ein Großteil bezahlt wurde, ist der sogenannte Streitwert für den Anwalt „kaputt“. Wundern Sie sich also nicht, wenn der Anwalt zu diesem späten Zeitpunkt die Übernahme des Mandates ablehnt. Und warum sollten Sie auch auf einen von Anfang an eingeschalteten Anwalt verzichten? Die gegnerische Versicherung ist bei schuldlosen Unfällen doch verpflichtet, die Kosten zu übernehmen! Dies wiederum folgt aus dem Gesichtspunkt der Waffengleichheit. Bei den Versicherungen sitzen in der Schadensabteilung  ja auch versierte Juristen. Nach Ansicht der Gerichte darf sich daher jeder, der schuldlos in einen Unfall verwickelt wird, auf Kosten der Versicherung anwaltlich vertreten lassen. Die Anwaltskosten werden dem Geschädigten also erstattet. Wenn eine Rechtsschutzversicherung für den Bereich Verkehrsrecht besteht, tritt diese Frage nach den Kosten von vornherein nicht auf.