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Untersuchung von Blutprobe auch ohne Anordnung des Richters?

In § 81a II StPO (Strafprozessordnung) ist nach bisheriger Stand vermerkt, dass die Anordnung einer Blutprobe generell dem Richter vorbehalten ist. Die Anordnung eines Bluttests durch die Ermittlungsbehörden kam nur dann in Frage, wenn die Gefahr einer Verfahrensverzögerung, die den Erfolg der Untersuchung beeinträchtigen könnte, bestand.

Bei einigen Straftaten kann der Richter keine Blutprobe mehr anordnen

Die Zuständigkeit des Richters wurde, durch das „Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches, des Jugendgerichtsgesetzes, der Strafprozessordnung und weiterer Gesetze“ (BT-Drucks 18/12785 v. 20.6.17, S.2 f.) durch Zusatz des Satzes 2 für Alkohol- oder Drogenverkehrsstraftaten, enthoben. Alle Straftaten nach §§ 315a, 315c und § 316 StGB sind von der Änderung betroffen. Die Staatsanwaltschaft oder ihre Polizeibeamten entscheiden nun primär, ob eine Blutprobe notwendig ist. Es gilt nach Ordnungswidrigkeitsrecht §§ 24a, 24c StVG.

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Ist das Überqueren einer Fahrbahn möglicherweise strafbar?

Zwischen Fahrzeugen und unachtsamen Fußgängern kommt es immer wieder zu Unfällen im Straßenverkehr. Auch, wenn der Fußgänger abgelenkt auf die Straße tritt, kann der Fahrer, bei zu hoher Geschwindigkeit und damit einem zu kurzen Bremsweg, mithaften. Dies entschied das Oberlandesgericht Hamm am 6.4.2017 (Aktenzeichen: 6 U 2/16). Zudem hat der Verkehr ebenso die Pflicht bei einer Gefährdung eines Fußgängers auszuweichen und zu bremsen. Autofahrer müssen die Geschwindigkeit verringern und bremsbereit sein sobald ein Fußgänger auf die Fahrbahn läuft. Kommt es dennoch zu einem Unfall bei erhöhter Geschwindigkeit, haftet der Fahrer zu einem Drittel mit.

Das Überschreiten der Höchstgeschwindigkeit wirkt sich auf das Urteil aus.

So fuhr eine Motorradfahrerin schneller als die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h und erreichte den Ort der Kollision 0,17 Sekunden früher als bei Einhaltung möglich gewesen wäre. Die Fußgängerin hätte sich bei korrektem Fahrverhalten der Motorradfahrerin bereits auf dem Bürgersteig (0,15 Sekunden bis zum Erreichen des Bürgersteigs) befunden. In diesem Fall hat die Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit den Unfall verursacht und es wirkt die Mithaftung, denn hätte die Motorradfahrerin das Tempo verringert, wäre es nicht zum Unfall gekommen.

Ähnlich sieht es das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf in einer aktuellen Entscheidung. Möchte ein Fußgänger eine Straße überqueren und achtet nicht auf den Verkehr auf der linken Seite, muss dieser eine Mitschuld tragen, auch wenn der Fahrer die volle Sicht auf die betroffene Person hatte. Der Verkehr hat auf Straßenabschnitten ohne Fußgängerüberwege prinzipiell Vorrang, da diese primär dem Fahrzeugverkehr dienen und nur mit großer Vorsicht überquert werden dürfen. Eine schmale Straße darf nur überquert werden, wenn der Fußgänger den Bürgersteig erreicht, bevor der Fahrzeugverkehr eingetroffen ist.

Fußgänger dürfen Fahrzeuge nicht behindern und müssen darauf achten nicht in die Fahrspur des Verkehrs zu gelangen.

In Düsseldorf entschied das Oberlandesgericht am 27. Juni 2017 (Aktenzeichen: 1 U 115/16), dass Fußgänger zu nur einem Drittel mithaften, wohingegen das Oberlandesgericht in Hamm die Mitschuld auf zwei Drittel festlegte (s.o.).

Folgen für den Schutz der Haftpflichtversicherung

Hier zahlt natürlich nicht der Verkehrsteilnehmer, sondern es tritt seine Kfz-Haftpflichtversicherung ein. Interessanterweise entscheidet allein der Versicherer über den außergerichtlichen Einsatz. Zudem kann der Versicherte nicht abwenden, dass die Eintrittsentscheidung fällt, da in der Regel beim Versicherungsabschluss eine Regulierungsvollmacht unterzeichnet wird. Daher ist der Versicherer in seiner Entscheidung der Regulierung, eingeschlossen der Prämienerhöhung für den Versicherten, frei.

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Anordnung der MPU bei Verhalten eines Fußgängers

Viele Verkehrsteilnehmer und Führerscheininhaber glauben, dass die MPU (medizinisch-psychologische Untersuchung) nur angeordnet werden kann, wenn ein Fehlverhalten im Straßenverkehr vorliegt. Dies ist jedoch nicht richtig. Aus immer mehr Sachverhalten schließen die Führescheinstellen in letzter Zeit auf „Ungeeignetheit zum Führen eines Fahrzeuges“. Dies ist nebenbei gesagt der Grund, warum sich immer mehr Betroffene für den Erwerb eines ausländischen EU-Führerscheins interessieren. Aber das ist ein anderes Thema. Zurück zum Punkt. Auch bei bestimmten Verhaltensweisen, die NICHTS mit der Teilnahme am Straßenverkehr zu tun haben, kann die MPU-Anordnung erfolgen. Beispielsweise hat das Verwaltungsgericht Trier am 9.5.2016 (A.Z.: 1 L 1375/16. TR) entschieden, dass die Fahrerlaubnisbehörde zwingend die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens (sprich MPU) anzuordnen hat, wenn bei einem Fahrerlaubnisinhaber Tatsachen die Annahme von Alkoholabhängigkeit begründen. Dies auch dann, wenn die entsprechenden Tatsachen nicht in einer Verkehrsteilnahme unter Alkoholeinfluss bestehen. Was war vorliegend geschehen? Der Betroffene war als Fußgänger mit einem Blutalkoholwert von 2,5 Promille aufgefallen. Er montierte im Stadtgebiet von einem fremden Fahrrad Reifen ab und hat sich sodann auf seinem weiteren Weg durch die Stadt „äußerst aggressiv“ gezeigt. Ständig habe er mit den Füßen gegen Häuserwände, Straßenschilder und Verkehrseinrichtungen getreten. Dieses Verhalten kann nach Auffassung der Verwaltungsrichter ausreichen, um dem Betroffenen auf Fahreignung überprüfen zu lassen. Weigert sich der Betroffene – wie vorliegend – sodann, sich untersuchen zu lassen, so darf hieraus die Nichteignung zum Führen von Kraftfahrzeugen geschlossen und die Fahrerlaubnis entzogen werden. Autofahrer sollten somit im Hinterkopf behalten, dass jedes Verhalten im Zusammenhang mit Alkohol oder Drogen, auch außerhalb des Straßenverkehrs, die Fahrerlaubnis gefährden kann.

Dr. Henning Hartmann

Fachanwalt für Strafrecht
Fachanwalt für Verkehrsrecht

+49 30 69 59 84 00

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