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Haftstrafe für Gefährdung des Straßenverkehrs

Der vierte Strafsenat des BGH hat in einer Entscheidung vom 9.9.14 zum A.Z. 4 StR 365/14 für die Anwendung des Strafrahmens des § 315c I StGB die Voraussetzung postuliert, dass Vorsatz nicht nur für die Kenntnis der Fahrunsicherheit, sondern auch bezüglich der konkreten Gefahr erforderlich ist. Zuvor war der Angeklagte erstinstanzlich wegen vorsätzlicher Körperverletzung, gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, Trunkenheit im Verkehr und vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt worden. Der Täter hatte betrunken und ohne Führerschein einen Unfall mit einem zivilen Polizeifahrzeug verursacht. Auf die Revision des Angeklagten hat der BGH im Hinblick auf die Verurteilung nach § 315c I StGB klargestellt, dass diese Vorschrift hinsichtlich aller Tatumstände zumindest bedingten Vorsatz verlangt. Dies bedeutet aber, dass der Täter diejenigen Umstände kennen muss, die den Gefahrerfolg im Sinne eines „Beinaheunfalls“ als nahe liegende Möglichkeit erscheinen lassen. Weiterhin muss der Täter diese Gefahrenlage zumindest billigend in Kauf nehmen. Da das Landgericht jedoch hinsichtlich des Gefahreneintritts lediglich Fahrlässigkeit als erwiesen annahm, war lediglich § 315c III Nr. 1 StGB erfüllt (Vorsatz-Fahrlässigkeits-Kombination), der einen erheblich geringeren Strafrahmen vorsieht. Der BGH hat das Urteil daher teilweise aufgehoben und die Sache an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Autor: Dr. Henning Hartmann Fachanwalt für Strafrecht Fachanwalt für Verkehrsrecht  

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Schmerzensgeld für Opfer nach Raub

In einem Strafverfahren kann das Opfer gegen den Täter im Wege des sogenannten Adhäsionsverfahrens Schmerzensgeldansprüche geltend machen. Dies neben der Strafverfolgung, die bekanntlich Sache der Ermittlungsbehörde, mithin der Staatsanwaltschaft, ist. Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte nun in seinem Beschluss vom 8.1.14 ein Urteil des Landgerichts (LG) Kleve (A.Z.: 3 StR 372/13) zu überprüfen, in dem folgender Sachverhalt beurteilt werden musste. Der im Hinblick auf die Schmerzensgeldzahlung zu beurteilende Täter hatte als Auftakt einer schweren Misshandlung das Opfer mit einem Faustschlag gegen die Schläfe ins Taumeln gebracht. Dieser Faustschlag war der Anfang eines schweren Tatgeschehens, in dessen Verlauf der Kläger von zwei weiteren Mitangeklagten schwer misshandelt wurde. Sodann wurde ihm seine Geldbörse weggenommen. Die schweren und sogar lebensgefährlichen Misshandlungen durch die Mitangeklagten wollte der hier zu beurteilende Täter jedoch nicht, deshalb wurde er durch das Landgericht Kleve auch nur wegen Raubes (§ 249 StGB), nicht jedoch wegen besonders schweren Raubes verurteilt. Dennoch sollte er nach Ansicht des Landgerichts ein Schmerzensgeld in gleicher Höhe wie die beiden Mittäter an das Opfer zahlen, weil er, so das LG, haftungsrechtlich für die „besonders üble Behandlung“ des Geschädigten durch die beiden Mitangeklagten einzustehen habe. Diese Begründung ist nach Ansicht des BGH nicht haltbar. Zwar hält der BGH für den vorliegenden Fall, ebenso wie das Landgericht Kleve, ein Schmerzensgeld von 8.000,- Euro unter Berücksichtigung der Tat und deren Folgen, auch im Hinblick auf die Genugtuungsfunktion, für angemessen. Es handelte sich schließlich um eine vorsätzliche Körperverletzung. Damit habe das Landgericht aber zur Bemessung des Schmerzensgeldes weniger auf die Tatfolgen, als auf das vorsätzlich verwirklichte Handlungsunrecht abgestellt. Gerade aber die besonders schweren – und lebensgefährlichen – Angriffe gegen den Kopf und den übrigen Körper des Opfers seien dem Angeklagten nicht als vorsätzlich begangen zuzurechnen. Soweit das LG auch ihn wegen vorsätzlicher Körperverletzung (§ 223 StGB) verurteilt habe, betreffe dies lediglich den ausgeführten Faustschlag, nicht jedoch die zur Grundlage des Schmerzensgeldanspruches gemachte „besonders üble Behandlung“ des Geschädigten durch die Mitangeklagten. Das Schmerzensgeld, das der hier zu beurteilende Angeklagte zu zahlen habe, kann daher nicht in gleicher Höhe wie bei seinen Mittätern zu beziffern sein. Mit anderen Worten, der hier zu beurteilende Angeklagte war nach Ansicht des BGH im Hinblick auf das zu zahlende Schmerzensgeld milder zu behandeln, als seine Mittäter. Bei dem Strafmaß war dies auch der Fall: Er erhielt „nur“ zwei Jahre Freiheitsstrafe auf Bewährung, während seine Mitstreiter zu Freiheitsstrafen von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt wurden, die sie auch absitzen müssen. Zu einer Zurückverweisung der Sache an das Landgericht kam es gleichwohl nicht. Denn die oben ausgeführten Erwägungen betrafen nur den zivilrechtlichen Teil der Sache, nicht aber die strafrechtliche Beurteilung.

Autor: Dr. Henning Hartmann
Fachanwalt für Strafrecht
Fachanwalt für Verkehrsrecht
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