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Geblitzt: Tempomat als Entschuldigung nicht tauglich.

Bei Geschwindigkeitsverstößen gilt – genau wie im Strafverfahren – dass die Tat unter bestimmten Umständen gerchtfertigt sein kann. So z.B. in dem vielzitierten, Interessanten Fall „Asamoah“, der hier zu finden ist: http://www.ra-hartmann.de/der-fall-asamoah-dr.-hartmann-partner.html?

In diesem Themenbereich spielt auch folgende Frage. Häufig berufen sich Autofahrer darauf, dass es wegen eines Vertrauens auf den Tempomat ihres Fahrzeuges zu einem Geschwindigkeitsverstoß gekommen ist. So wie in einem kürzlich entschiedenen Fall: Nach einem Überholvorgang bremste der Betroffene nicht, sondern fuhr ungebremst weiter in der Hoffnung, der Tempomat werde die Geschwindigkeit wieder regulieren. In diesem Augenblick wurde er von einer mobilen Geschwindigkeitsmessanlage (Vitronic Poliscan Speeed) „geblitzt“. Das Urteil des Amtsgerichts Lüdinghausen vom 12.5.14 (19 OWi-89 Js 511/14-46/14) stellt klar, dass der Tempomat keine Rechtfertigung sein kann. Wenn die Messung nicht fehlerhaft ist, ist in diesen Fällen ist wegen vorsätzlichen Geschwindigkeitsverstoßes zu verurteilen. Das Amtsgericht Lüdinghausen schenkte zwar noch den Schilderungen des Betroffenen zu der Verkehrssituatioon und dem Überholvorgang Glauben. Die geschilderte Verkerhrssituation rechtfertigt jedoch nicht seine zu hohe Geschwindigkeit nach dem Überholen. Fahrzeugführer war immer noch der Kläger selbst und nicht der Tempomat. Dieser kann keinesfalls als Begründung für eine Geschwindigkeitsübertretung herhalten. Vielmehr gab der Fahrer mit seinen Ausführungen zu, die Ordnungswidrigkeit bewusst begangen zu haben. Das Gericht verurteilte daher wegen vorsätzlicher Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit.

Dr. Henning Hartmann, Oranienburg
Fachanwalt für Strafrecht
Fachanwalt für Verkehrsrecht

 

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Gilt 30 km/h auch am Feiertag?

Fast täglich ergehen in Deutschland wichtige Entscheidungen der Gerichte zum Thema Verkehrsrecht. Eine Auswahl finden Sie auf unserer Homepage (www.ra-hartmann.de). Ich hoffe, Ihnen durch die hier zitierten Entscheidungen einen Überblick über die besonders relevanten Entwicklungen geben zu können. Heute mal wieder ein interessantes Urteil aus dem Bereich Verkehrsordnungswidrigkeiten. Im Rheinland (genau gesagt in Wuppertal) befand sich an einer Schule ein Geschwindigkeitsbegrenzungsschild, auf „30 km/h“, das wir alle gut kennen. Es enthielt den Zusatz „Mo.-Sa 7-18 h“. An einem (in Nordrhein-Westfalen) gesetzlichen Feiertag, nämlich Christi Himmelfahrt (9. Mai 2013), führten Polizeibeamte dann eine Geschwindigkeitsmessung vor der Schule durch. Klar, es geht ja um die Verkehrssicherheit. Geblitzt wurde unter anderem der Betroffene. Ihm kam das jedoch merkwürdig vor. „Mo-Sa, 7-18h“, kann damit auch am Feiertag gemeint sein? Gegen den Bußgeldbescheid, aus dem sich eine Geldbuße in Höhe von 25,00 € ergab, hat der Betroffene folgerichtig Einspruch eingelegt. Und wurde von dem AG Wuppertal freigesprochen! Lesen Sie die interessante Begründung:  Nach Auffassung des Gerichts galt die angeordnete Geschwindigkeitsbeschränkung auf 30 km/h an dem Tattag, also dem Feiertag, nicht. Vielmehr war davon auszugehen, dass die übliche innerörtliche Geschwindigkeitsbeschränkung von 50 km/h,  die innerorts immer gilt (§ 3 Nr. 1 StVO) ergibt, betrug. Diese war vom Betroffenen nicht überschritten worden. Maßgeblich war aus Sicht des Gerichts, dass vorliegend keine uneingeschränkte Geschwindigkeitsbeschränkung auf 30 km/h angeordnet wurde, sondern diese steht in Kombination mit den verwendeten Zusatzschildern. Zwar spricht der Zusatz „Mo.-Sa., 7-18 h“ zunächst dafür, dass eine Beschränkung allein auf Werktage erfolgen sollte. Vorliegend besteht aber eine so enge, für jeden Verkehrsteilnehmer deutlich erkennbare Verknüpfung zwischen der Geschwindigkeitsbeschränkung und dem Zusatzzeichen „Schule“, dass klar wird: Es sollen Schüler geschützt werden! Da an Feiertagen nun aber keine Schule stattfindet, sind daher auch konsequent diese Feiertage von der Geschwindigkeitsbeschränkung ausgenommen. Es erfolgte Freispruch des Betroffenen. Pech für die anderen geblitzten Autofahrer, die keinen Einspruch eingelegt haben: deren Bußgeldbescheide wurden rechtskräftig, sie müssen zahlen und ggf. einen Punkteeintrag in Flensburg hinnehmen. Man sieht auch hier wieder: Einspruch sollte im Zweifel IMMER eingelegt werden. Interessant: Anders hat in einer vergleichbaren Konstellation das für Brandenburg zuständige OLG Brandenburg entschieden. In dessen Entscheidung vom 28.05.2013 (Az.: [2 Z] 53 Ss-OWi 103/13 [50/13]). Denn in dem Fall, den das Oberlandesgericht zu bewerten hatte, war neben dem Schild „30 km/h“ und dem Zusatzzeichen „Mo.-Fr. 6-18 h“ ein weiteres Zusatzzeichen, nämlich „Kinder“ angebracht. In diesem Fall, so das OLG, geht es nicht darum, dass die Geschwindigkeitsbeschränkung einem ungehinderten Besuch einer Einrichtung dienen soll – und daher nur an bestimmten Tagen gilt. Denn es ist auch an Sonn- und gesetzlichen Feiertagen mit spielenden Kindern zu rechnen. Der Schutzzweck „Kinder“ gilt also an diesen Tagen fort, während es bei dem Schutzzweck „Schule“ anders aussieht. Eine durchaus nachvollziehbare Interpretation.

Dr. Henning Hartmann
 
Fachanwalt für Strafrecht Fachanwalt für Verkehrsrecht
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