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Freispruch durch Amtsgericht trotz 75 km/h zu viel!

Am 2.4.2015 hat das Amtsgericht Zehdenick zum Aktenzeichen 41OWi3106J Js 26730/14 (268/14) ein bemerkenswertes Urteil gefällt.Der Betroffene war am 10.4.2014 mit einer Geschwindigkeit von angeblich 175 km/h statt erlaubter 100 km/h gemessen worden. Dies auf der Bundesstraße 167 zwischen Grieben und Linde. Die Rechtsfolge wäre bei Eintritt von Rechtskraft ein dreimonatiges Fahrverbot sowie eine Geldbuße von 660 € gewesen. Der Betroffene konnte sich jedoch erfolgreich mit folgender Argumentation verteidigen. Es handelte sich um einen selbstständigen Arzt, der darlegen konnte, vorliegend durch einen Notruf zu einem Patienten gerufen worden zu sein. Dieser Patient sei aus vorangegangenen Behandlungsjahren als schwer Diabeteskrank bekannt gewesen. Der Arzt konnte somit einen Rechtfertigungsgrund im Sinne von § 34 StGB, der für den Geltungsbereich des Ordnungswidrigkeitengesetzes in § 16 OWiG normiert wurde, plausibel darlegen.

Sowohl im Strafrecht, als auch im Ordnungswidrigkeitenrecht (und damit auch bei Geschwindigkeitsverstößen) gilt: Wer gerechtfertigt handelt, kann nicht bestraft werden. Dies hat z.B. auch der ehemalige Fußballprofi Gerhard Gerald Asamoah bereits – zumindest in der Tatsacheninstanz – erfolgreich geltend machen können, als er mit seiner hochschwangeren, in den Geburtswehen liegenden Ehefrau um einiges zu schnell unterwegs war. Auch in diesem Fall war der Amtsrichter davon ausgegangen, dass es sich bei der Sachlage um einen rechtfertigenden Notstand und damit um einen Rechtfertigungsgrund handele, der Betroffene somit nicht verurteilt werden könne (näheres zu diesem Fall: http://www.ra-hartmann.de/der-fall-asamoah-dr.-hartmann-partner.html).

Die notwendige Folge ist bei Eingreifen eines Rechtfertigungsgrundes ein Freispruch. Bei diesem werden der Landeskasse auch die Kosten des Verfahrens auferlegt. Das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde steht sodann beiden Seiten zur Verfügung. Die eingangszitierte Entscheidung ist somit noch nicht rechtskräftig.

Dr. Henning Hartmann

Fachanwalt für Strafrecht Fachanwalt für Verkehrsrecht

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Anwaltsgebühren bei Freispruch

Wenn im Strafverfahren ein Freispruch erfolgt, hat die Landeskasse die Kosten des Rechtsanwaltes (=Verteidigers) des Angeklagten zu erstatten. Schließlich ist der Betroffene zu Unrecht mit einem Strafverfahren überzogen worden, dann soll der Staat auch für die Anwaltskosten gerade stehen müssen. Im Einzelfall kann aber Streit über die Höhe der Kosten entstehen, und zwar wenn der Angeklagten einen Rechtsanwalt beauftragt, der zwar der Anwalt seines Vertrauens ist, der aber nicht am Gerichtsort ansässig ist. Und deshalb erhebliche Fahrtkosten und Abwesenheitsgelder auslöst, diese Posten sind gesetzlich geregelt. Aber der Reihe nach. Zu den von der Staatskasse gem. § 467 I StPO zu erstattenden notwendigen Auslagen im Falle eines Freispruches gehören gem. § 464a II Nr.2 StPO die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts, soweit sie nach § 91 II ZPO, also im Zivilrechtsstreit, zu erstatten sind. Grundsätzlich steht dem Freigesprochenen somit die Erstattung derjenigen Kosten zu, die sein Wahlverteidiger ihm gegenüber geltend machen kann (§ 14 I RVG). Inwieweit Fahrtkosten und Abwesenheitsgelder eines „auswärtigen“, also nicht am Gerichtsort ansässigen, Verteidigers im Falle des Freispruchs des Angeklagten von der Staatskasse erstattet werden müssen, liegt im Einzelfall im Streit. Hierzu gibt es viele Einzelfallentscheidungen, die hier nicht alle erörtert werden können. Im Kern hängt die Erstattungsfähigkeit der Anwaltskosten davon ab, ob die Hinzuziehung eines nicht am Ort des Prozesses wohnenden Verteidigers „notwendig“ war (vgl. u.a. OLG Naumburg, Beschl. v. 22.3.2010 – A.Z.: Ws 379/09). Hier muss also im Einzelnen argumentiert werden, warum es gerade der beauftragte Verteidiger als „Anwalt des Vertrauens“ des Angeklagten sein musste, und nicht ein beliebiger Anwalt vor Ort. Da werden wohl Argumente zu finden sein. Wenn jedoch ein Rechtsanwalt als Pflichtverteidiger bestellt worden ist, sieht es anders aus. Die Auslagen eines solchen als Pflichtverteidiger bestellten Rechtsanwaltes sind immer erstattungsfähig. Denn die Auswahl des Pflichtverteidigers erfolgt durch das Gericht. Und die Prüfung, welcher Verteidiger nach § 142 I S.1 StPO ausgewählt wird, umfasst auch die Frage, ob die Bestellung eines auswärtigen Verteidigers erforderlich ist. Daher sind dann, wenn das Gericht die Bestellung eines auswärtigen Verteidigers als Anwalt des Vertrauens des Angeklagten beschließt, grundsätzlich auch diejenigen Mehrkosten erstattungsfähig, die dadurch entstehen, dass der bestellte Verteidiger seinen Kanzleisitz oder auch seinen Wohnsitz nicht am Ort des Gerichtes hat, bei dem verhandelt wird (BVerfG, Beschl. v. 24.11.2000 – A.Z.: 2 BvR 813/99). Dr. Henning Hartmann, Fachanwalt für Verkehrsrecht und Strafverteidiger in Oranienburg bei Berlin  

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Alkohol am Steuer und Verteidigungsmöglichkeiten des RechtsanwaltsВождение в нетрезвом виде и обороны прокурора

(Oranienburg) Heute soll es wieder um das Thema Alkohol im Straßenverkehr gehen. Fast täglich sorgt dieser „Dauerbrenner“ für juristische Probleme und Fragen bei den betroffenen Bürgern. Vorab einige grundsätzliche Eintstufungen. Egal, ob vorsätzlich oder fahrlässig: Wer am Straßenverkehr mit einem Kraftfahrzeug teilnimmt und eine Blutalkoholkonzentration von 1,1 Promille oder höher hat, fällt unter § 316 StGB und wird bestraft. Bei einer Blutalkoholkonzentration von 0,3–1,09 Promille werden Sie bestraft, wenn zu der Alkoholisierung ein alkoholtypisches Fehlverhalten kommt. Ab 0,5 Promille handeln Sie ordnungswidrig (§ 24a StVG). Auch wenn Sie alkoholisiert Rad fahren, können Konsequenzen drohen. Wichtig ist, dass durch den Rechtsanwalt als Verteidiger die richtigen Schritte eingeleitet werden. Kurzum: immer, wenn Alkohol im Spiel ist, wird es gefährlich. Es droht stets ein Fahrverbot und der Entzug der Fahrerlaubnis. Aufgrund des ständigen Alkoholabbaus im Blut muss die Blutalkoholkonzentration bei einer späteren Blutprobe bis zur Tatzeit zurück gerechnet werden. Hier liegt ein Ansatzpunkt für den Verteidiger. Der Verteidiger hat noch andere Aspekte zu überprüfen. Zum Beispiel kann von Bedeutung sein, ob die Entnahme der Blutprobe ordnungsgemäß erfolgte und das Beweismittel daher verwertbar ist.Wenn z.B. die Polizeibeamten Fehler bei der Einholung der richterlichen Anordnung gemacht haben, kann dies zu einem Freispruch führen (§ 81a StPO). Die Möglichkeiten des Rechtsanwaltes sind im Verkehrsrecht vielfältig. Mit gezielten Beweisanträgen kann versucht werden, einen Freispruch oder eine Verfahrenseinstellung herbei zu führen. Bei Alkoholdelikten ist die Verteidigung durch einen Fachanwalt für Verkehrsrecht besonders wichtig. Wenn der strafrechtliche Vorwurf im Zusammenhang mit einem Verkehrsunfall erhoben wird, hat die Verteidigung erhebliche Auswirkungen auf Fragen der Haftung aus dem Verkehrsunfall sowie auf versicherungsrechtliche Folgen. Es droht immer ein Regress der eigenen Haftpflichtversicherung gegen den Fahrer. Darüber hinaus müssen verwaltungsrechtliche Fragen im Zusammenhang mit dem Führerschein berücksichtigt werden. Stichwort: MPU. Oft entscheidet sich der Ausgang dieser Folgeprobleme mit den ersten Schritten der Verteidigung gegen den strafrechtlichen Vorwurf. Hier müssen also von dem Rechtsanwalt die richtigen Weichenstellungen vorgenommen werden. Autor: Dr. Henning Karl Hartmann, Fachanwalt für Verkehrsrecht in Oranienburg, bei Berlin, Strafverteidiger

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