Liebe Leser meiner Beiträge im Internet, ich hoffe, Sie sind gut in das neue Jahr gekommen. Und haben die Fahrt nach der Sylvesterparty nicht mit dem Auto angetreten. Und auch nicht mit dem Fahrrad, sofern Sie Alkohol getrunken hatten. Denn häufig wird unterschätzt, dass bei einer Alkoholfahrt mit dem Fahrrad auch der Pkw-Führerschein in Gefahr ist. Zwar wird dieser nicht im Strafverfahren entzogen. Aber verwaltungsrechtlich kommt das „Dicke Ende“ in Form einer MPU. Gelegentlich lassen aber auch außerordentlich milde Urteile aufhorchen. Wie in diesem Fall, der am 7.4.14 von dem LG Kaiserslautern (A.Z.: 6070 Js 8485/13 3 Ns) entschieden wurde. Der Täter hatte stattliche 1,75 Promille im Blut und wurde von dem Strafgericht dennoch nicht als „ungeeignet“ zum Führen von Fahrzeugen eingestuft. Begründung: seit der Trunkenheitsfahrt war ein erheblicher Zeitraum verstrichen, der Täter war vorher noch nicht strafbar geworden. Zudem war er nur eine kurze Strecke gefahren. Und der Täter hat eine verkehrspsychologische Maßnahme (Mobil plus) absolviert, bei der er den Ursachen seines strafbaren Verhaltens auf den Grund ging. Zuvor hatte der Angeklagte Einspruch gegen einen Strafbefehl eingelegt, den er aber auf die Rechtsfolge beschränkte. Nach der Hauptverhandlung wurde er sodann wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr (§ 316 StGB) zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen verurteilt. Eine Entziehung der Fahrerlaubnis erfolgte nicht, sondern es wurde lediglich ein Fahrverbot verhängt. Auf d ie Berufung der Staatsanwaltschaft kam es vor dem Landgericht dann erneut zur Verhanldung über diese Rechtsfolgen. Die Staatsanwaltschaft vertrat die Auffassung, dass bei der festgestellten Blutalkoholkonzentration von 1,75 Promille in jedem Falle die Ungeeignetheit zum Führen von Fahrzeugen im Verkehr belegt sei, so dass ein Entzug der Fahrerlaubnis (§ 69 StGB) die zwangsläufige Folge sei. Dies sah das Gericht anders und folgte der Argumentation der Verteidigung. Ergebnis: kein Entzug der Fahrerlaubnis. Ein bemerkenswertes Urteil, das zeigt, dass einige Richter sich sehr individuell mit den Besonderheiten des Einzelfalles und der betroffenen Person auseinandersetzen.
Dr. Henning Hartmann, Oranienburg Fachanwalt für Strafrecht Fachanwalt für Verkehrsrecht Read MoreAuch nach einem Verkehrsdelikt drohen in schweren Fällen Haftstrafe. So in diesem Fall, bei dem es um die Tötung eines Radfahrers geht. Denn je schwerer die Tatfolgen, desto höher fällt tendenziell auch die Strafe aus. Und was viele vergessen: auch bei folgenloser Trunkenheitsfahrt sieht § 316 StGB eine Höchststrafe von bis zu einem Jahr Gefängnis vor. Zwar kommt es bei Trunkenheitsfahrten selten zu solch harten Strafen. Eine solche, nämlich eine Haftstrafe nach einer Trunkenheitsfahrt, bei der ein andererVerkehrsteilnehmer getötet wurde, hat der 3. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 26.8.14 ausgeurteilt (A.Z.: 3 RVs 55/14) entschieden und damit die Revision des Angeklagten gegen das Berufungsurteil des Landgerichts Bielefeld vom 03.04.2014 als unbegründet verworfen. Mit einer Geschwindigkeit von mindestens 98 km/h und mit 2,0 Promille im Blut kollidierte der Angeklagte mit einem 48 Jahre alten Radfahrer. Der Radfahrer verstarb kurz nach der Kollision. Sein Fahrrad war ordnungsgemäß beleuchtet gewesen und von dem alkoholisierten Autofahrer nur wegen dessen Trunkenheit übersehen worden. Tragisch: Der getötete Radfahrer war verheiratet und Vater von drei Kindern. Das Urteil: Ein Jahr und neun Monate Freiheitsstrafe, ohne Bewährung. Ein Ausschnitt aus der Begründung: Dieses Strafmaß sei trotz der entlastenden Umstände wegen der herausragend schweren Folgen der Tat für den Getöteten und seine nahen Angehörigen, die das Maß der absoluten Fahruntüchtigkeit weit übersteigende Alkoholisierung des Angeklagten und seine aggressive Fahrweise im engen zeitlichen Zusammenhang vor der Tat nicht zu beanstanden. Die Rechtsordnung gebiete in diesen Fällen die Verhängung einer Haftstrafe. Der Angeklagte habe sich, so das Gericht weiter, bedenkenlos ans Steuer gesetzt, obwohl die besonders hohe Alkoholisierung für ihn erkennbar war. Auch komme erschwerend hinzu, dass der Täter sich nicht – obwohl es eine abholbereite Person gab – hat fahren lassen, sondern sich selber ans Steuer setzte.
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