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„Blitzermarathon“ in Berlin und Brandenburg

Am Donnerstag den 16.4.2015 ist es wieder soweit. Die Polizei in Berlin und anderen Bundesländern wird zu einem groß angelegten Blitzer Marathon ausrücken. Wer sich gut informiert, kann Schaden von sich abwenden. Nachdem das Bundesverfassungsgericht im Jahr 2010 entschieden hatte, dass das Anfertigen von Blitzer-Fotos zumindest in den Fällen der verdachtsabhängigen Messung grundsätzlich nicht gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung verstößt (A.Z.: 2 BvR 759/10), sind die Bußgeldstelle erneut motiviert worden, noch häufiger zu “ blitzen“. Als Rechtsgrundlage war für das Anfertigen der Blitzerfotos von Deutschlands höchstem Gericht die Vorschrift des § 100h I S.1 Nr.1 StPO zum Beweis von Verkehrsverstößen bestätigt worden. Berlin war bereits Spitzenreiter bei der Anzahl der Messgeräte, gefolgt von Hamburg. Sage und schreibe 134 Messgeräte befanden sich bisher in Berlin im Einsatz, das ist Deutscher Spitzenwert. Zum Teil sind die Geräte fest installiert, zum Teil werden sie mobil aufgebaut. Im April 2015 hat die Berliner Polizei weitere sechs mobile Blitzgeräte für den Einsatz an wechselnden Orten eingekauft und vorgestellt. Was tun, wenn man betroffen ist? Sofern man geblitzt wird, ist die Einleitung eines Bußgeldverfahrens zu erwarten. Punkte in Flensburg und Fahrverbot drohen. Es ist dann wichtig, innerhalb der Einspruchsfrist von 14 Tagen die nötigen Schritte einzuleiten, um den Bußgeldbescheid aus der Welt zu schaffen. Dies gelingt in vielen Fällen durch eine Verfahrenseinstellung (§ 47 OWiG). Wenn eine Verfahrenseinstellung erfolgt, wird kein Punkt in Flensburg eingetragen und die Geldbuße muss ebenfalls nicht bezahlt werden. Wichtig in diesem Zusammenhang: eine Verkehrsrechtsschutzversicherung. Wenn diese eingreift, sind sämtliche Kosten der Verteidigung, somit der Rechtsanwalt und auch die Gerichtskosten sowie eine eventueller Gutachter, abgedeckt. Dies ist von hoher Bedeutung, da ansonsten ein Bußgeldbescheid, der zum Beispiel 80 € Geldbuße – aber eben einen Punkt in Flensburg als bedeutsame Nebenfolge – vorsieht, nicht ohne Kostenrisiko angegriffen werden könnte. Besonders wichtig: Bitte schreiben Sie nicht selber an die Bußgeldstelle. Hier werden häufig Fehler gemacht. Übergeben Sie die Sache unmittelbar nach Posteingang an einen Fachanwalt für Verkehrsrecht. Dieser wird sie vertreten und sie müssen sich sodann um nichts kümmern. Im besten Falle bekommen Sie als nächstes eine Nachricht von ihrem Rechtsanwalt, dass das Verfahren eingestellt wurde. Haben Sie Fragen hierzu? Dann wenden Sie sich gerne an uns über die Internetseite www.ra-hartmann.de Dr. Henning Hartmann Fachanwalt für Strafrecht Fachanwalt für Verkehrsrecht

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Messungen mit Gerät ESO 3.0 falsch?

Bei dem jüngsten sogenannten „Blitzermarathon“ im September 2014 wurden bundesweit tausende von Autofahrern hinsichtlich der gefahrenen Geschwindigkeit gemessen. Viele wurden zu Bußgeldern und Fahrverboten durch Bußgeldbescheide „Vor“-verurteilt. Warum „Vorverurteilt“? Ganz einfach, weil die Bußgeldstellen gar kein Urteil sprechen können. Das kann nur der Amtsrichter. Damit der Betroffene in dieses Verfahren kommt, muss er binnen einer Frist von zwei Wochen Einspruch gegen den Bußgeldbescheid einlegen. Wohlgemerkt, durch den Einspruch kann der Betroffene das Ergebnis nur zu seinen Gunsten beeinflussen, er kann also durch die Einspruchseinlegung nur gewinnen. Anders ausgedrückt, im schlechtesten Falle kann der Einspruch zu jedem beliebigen Zeitpunkt zurück genommen werden, so dass es bei dem Einspruch bleibt. Dies gilt insbesondere bei Eingreifen einer Rechtsschutzversicherung: dann kann der Bußgeldbescheid komplett ohne das Risiko entstehender Kosten angegriffen werden. Denn die Rechtsschutzversicherung für den Bereich Verkehrsrecht tritt für sämtliche Anwalts- Gerichts- und Sachverständigenkosten ein.  

 

Doch zurück zu der Frage der Angreifbarkeit der Messungen. Anlässlich des jüngsten Blitzermarathons kam auch wieder die Frage auf, ob Messungen mit bestimmten Geschwindigkeitsmessgeräten überhaupt vor Gericht verwertbar sind. Denn es kann nicht oft genug darauf hingewiesen werden: nicht die Frage, ob jemand überhaupt zu schnell gefahren ist, steht im Raum. Sondern ob es ihm mit einer für das Straf- bzw. Bußgeldverfahren hinreichenden Sicherheit nachgewiesen werden kann. Schließlich ist es – anders als zum Beispiel im Zivilrechtsstreit – nicht der Betroffene, der irgendetwas (nämlich seine Unschuld) beweisen muss. Nein, die Ermittlungsbehörde hat vollständig und mit belastbaren Beweismitteln nachzuweisen, dass der Tatbestand erfüllt worden ist. Dies trifft im Bußgeldverfahren genauso zu, wie im Strafverfahren. Gelingt dieser Nachweis nicht mit der hinreichenden Sicherheit, ist der Betroffene nach dem Grundsatz „Im Zweifel für den Angeklagten“ freizusprechen.  

 

Sehen Sie nun folgenden interessanten Beitrag zur Frage der beweissicheren Verwertung von Geschwindigkeitsmessungen:   http://www1.wdr.de/fernsehen/regional/westpol/  

 

Besonders in der Kritik steht hiernach ein Lichtschranken-Messgerät des Herstellers Eso GmbH, nämlich das Gerät mit der Bezeichnung „ESO 3.0“. Es handelt sich um ein Lichtschranken-Messgerät, also kein Laser- oder Radarmessgerät, sondern die Messwertermittlung erfolgt anhand von Daten aufgrund von Durchfahren von mehreren Lichtschranken. Die Zweifel im Hinblick auf die Verwertbarkeit von Messungen mit diesem Gerät ergeben sich im Wesentlichen aus insgesamt drei Gesichtspunkten. Zum einen haben Amtsgerichte schon wiederholt bemängelt, dass die Ermittlung des Messwertes, also der rechnerische Vorgang, bei dem Gerät ESO 3.0 auch für Sachverständige nicht nachvollziehbar ist. Die hierfür erforderlichen Datensätze sind nicht einsehbar und daher auch nicht überprüfbar.

Weiterhin haben Auswertungen, soweit die Datensätze denn einmal zur Verfügung gestellt wurden, folgendes gezeigt. Bei der Auswertung ging das Messgerät von mehreren in Frage kommenden Messdaten von dem jeweils schlechtesten Wert, also demjenigen, der sich zu Lasten des Betroffenen auswirkt. Dies ist ein klarer Verstoß gegen den Grundsatz, dass im Zweifel zugunsten des Betroffenen entschieden werden soll (s.o.).

Schließlich haben Sachverständige für das Gerät ESO 3.0 nachgewiesen, dass die Datensätze ohne weiteres manipuliert werden können, dass beispielsweise die Daten des Betroffenen (Kennzeichen des Fahrzeuges usw.) problemlos ausgewechselt werden können. Ein weiterer Grund, sich gegen jeden Vorwurf eines Geschwindigkeitsverstoßes zu wenden und diesen gründlich überprüfe zu lassen. Oft genug mussten die Gerichte in diesen Fällen einen Freispruch ausurteilen oder haben das Verfahren eingestellt.

Autor: Dr. Henning Hartmann, Oranienburg, bei Berlin
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