Ihr Recht- Neues aus der Rechtsprechung

Haftstrafe für Gefährdung des Straßenverkehrs

Der vierte Strafsenat des BGH hat in einer Entscheidung vom 9.9.14 zum A.Z. 4 StR 365/14 für die Anwendung des Strafrahmens des § 315c I StGB die Voraussetzung postuliert, dass Vorsatz nicht nur für die Kenntnis der Fahrunsicherheit, sondern auch bezüglich der konkreten Gefahr erforderlich ist. Zuvor war der Angeklagte erstinstanzlich wegen vorsätzlicher Körperverletzung, gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, Trunkenheit im Verkehr und vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt worden. Der Täter hatte betrunken und ohne Führerschein einen Unfall mit einem zivilen Polizeifahrzeug verursacht. Auf die Revision des Angeklagten hat der BGH im Hinblick auf die Verurteilung nach § 315c I StGB klargestellt, dass diese Vorschrift hinsichtlich aller Tatumstände zumindest bedingten Vorsatz verlangt. Dies bedeutet aber, dass der Täter diejenigen Umstände kennen muss, die den Gefahrerfolg im Sinne eines „Beinaheunfalls“ als nahe liegende Möglichkeit erscheinen lassen. Weiterhin muss der Täter diese Gefahrenlage zumindest billigend in Kauf nehmen. Da das Landgericht jedoch hinsichtlich des Gefahreneintritts lediglich Fahrlässigkeit als erwiesen annahm, war lediglich § 315c III Nr. 1 StGB erfüllt (Vorsatz-Fahrlässigkeits-Kombination), der einen erheblich geringeren Strafrahmen vorsieht. Der BGH hat das Urteil daher teilweise aufgehoben und die Sache an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Autor: Dr. Henning Hartmann Fachanwalt für Strafrecht Fachanwalt für Verkehrsrecht  

Read More

Schadensersatzansprüche Hinterbliebener bei einem Flugzeugabsturz – Dr. Hartmann & Partner

Aufgrund des aktuellen, tragischen Anlasses erreichen uns von interessierten Mandanten aber auch von der Presse immer wieder Anfragen, wie sich die Haftung bei einem Flugzeugabsturz beurteilt. Die Geltendmachung solcher Schadenersatzansprüche zählt zu den durchaus komplexeren Haftungsfragen. Es gilt in einem Dickicht von internationalen Abkommen, europäischen Verordnungen sowie nationalen Gesetzen den Überblick zu bewahren. In Europa beurteilt sich die Schadensersatzpflicht nach dem sogenannten Montrealer Übereinkommen (1) (kurz: „MÜ“) sowie der EU- Verordnung (2) zur Haftung von Luftfahrtunternehmen. Die Vorschriften gelten nicht nur für Flüge innerhalb Europas, sondern auch für die Personenbeförderung durch europäische Fluggesellschaften außerhalb der Gemeinschaft. Art. 17 des Montrealer Übereinkommens sieht im Falle eines Personenschadens eine verschuldensunabhängige Haftung des „Luftfrachtführers“ – also in der Regel der Fluggesellschaft – vor. Verschuldensunabhängig bedeutet, dass die Fluggesellschaft für einen Schadenseintritt bei Betrieb eines Flugzeuges haftet, grundsätzlich unabhängig, ob sie für den Schaden etwas kann oder nicht. Die Schadensersatzpflicht des Art. 17 des Montrealer Übereinkommens ist beispielsweise auch dann ausgelöst, wenn der Tod eines Passagiers durch einen terroristischen Angriff auf ein Luftfahrzeug verursacht wurde. Die Höhe des Schadensersatzes beurteilt sich nach dem jeweiligen nationalen Recht. Zumindest nach Deutschem Recht gilt der Grundsatz, dass nur solche Schäden ersetzt werden, die tatsächlich entstanden und auch nachweisbar sind. Daher ist das Herzensleid – so hart es klingt – nach deutschem Recht fast nie ein ersatzfähiger Schaden. Die Juristen sprechen dann auch von “normaler Trauerarbeit”. Eine Ausnahme hiervon gilt nur dann, wenn die psychische Belastung eines Hinterbliebenen Krankheitswert erreicht. Solche so genannten Schockschäden, die zu Ansprüchen in Geld führen können, sind jedoch nach deutschem Recht eine seltene Ausnahme. In anderen Rechtsordnungen – wie etwa in Italien, der Schweiz oder in Frankreich – kann es anders liegen. Gerade in Frankreich können nahe Angehörige als Hinterbliebene für den Verlust eines nahen Familienangehörigen ein Schmerzensgeld erhalten. Nach deutschem Recht können Hinterbliebene gegenüber der Fluggesellschaft allerdings den entgangenen Unterhalt geltend machen, § 35 Abs. 2 Luftverkehrsgesetz (LuftVG). Dies gilt bereits für das ungeborene Kind. So ist das, was der Familienvater für seine Kinder bis zur Beendigung der Ausbildung gezahlt hätte, vom Luftfrachtführer in Form einer Rente zu übernehmen. Gleiches gilt für den hinterbliebenen Ehepartner. In diesem Zusammenhang kann auch eine Hinterbliebenenrente nach dem Gesetz über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten in Betracht kommen, wenn es sich bei dem Flugzeugunglück um eine Gewalttat gehandelt hat. Zur Deckung der unmittelbaren wirtschaftlichen Bedürfnisse der Angehörigen eines Getöteten hat die Fluggesellschaft kurzfristig einen Vorschuss zu leisten, Art. 5 EU-Verordnung zur Haftung von Luftfahrtunternehmen. Dieser Vorschuss liegt gemäß Art. 5 Abs. 2 der Verordnung bei ca. 20.000,- € für jeden Todesfall und ist innerhalb von 15 Tagen nach Identifizierung des Getöteten zu zahlen. Schließlich ist auf die Besonderheit des Art. 29 Montrealer Übereinkommen hinzuweisen: Bis zu einem Betrag von ca. 140.000,- € ist es der Fluggesellschaft grundsätzlich verwehrt, sich gegen den Schadensersatzanspruch mit dem Einwand zu verteidigen, sie seien für den Schadensfall nicht verantwortlich. 1 Übereinkommen zur Vereinheitlichung bestimmter Vorschriften über die Beförderung im internationalen Luftverkehr, kurz: Montrealer Übereinkommen vom 28. Mai 1999 2 Verordnung (EG) Nr. 2027/97 des Rates vom 9. Oktober 1997 über die Haftung von Luftfahrtunternehmen bei Unfällen (VO (EG) 2027/97, Abl. L 285 vom 17. 10. 1997) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 889/2002 des europäischen Parlaments und des Rates vom 13. 5. 2002 geänderten Fassung (Abl L 140/2 vom 30. 5. 2002), die seit 28. 6. 2004 in Kraft ist. Stefanie Petersdorff Rechtsanwältin Rechtsanwaltskanzlei Dr. Hartmann & Partner

Read More

Rechtfertigende Notsituation bei einem Geschwindigkeitsverstoß wenn Beifahrer sich übergibt? – Dr. Hartmann & Partner

  Hier noch einer für Online.   ————–     seo: notwehr, notstand, in bußgeldverfahren, gerechtfertigt, geschwindigkeitsverstoß, zu schnell gefahren in notsituation, rechtfertigender notstand, § 16 owig   Rechtfertigende Notsituation bei einem Geschwindigkeitsverstoß wenn Beifahrer sich übergibt? Auch in Bußgeldsachen gilt, dass die Tat gerechtfertigt sein kann, wenn eine Notwehrsituation oder ein Notstand vorliegt. Dies ist ausdrücklich in §§ 15, 16 OWiG geregelt. Wenn beispielsweise ein Arzt anlässlich eines Noteinsatzes zu schnell fährt, kann dies den Verstoß rechtfertigen. Das OLG Bamberg hatte in seinem Beschluss vom 4. September 2013 (A.Z.: 3 Ss Owi 1130/13) darüber zu entscheiden, ob ein Taxifahrer, der zu schnell unterwegs ist, gerechtfertigt handelt, wenn ein betrunkener Fahrgast sich übergibt und der Fahrer nun befürchtet, dass der Wagen Innenraums seines Taxis beschmutzt wird. Dies ist im Ergebnis verneint worden. Zwar wurde durch das Gericht anerkannt, dass grundsätzlich eine Maßnahme zur Gefahrenabwehr auch einen Geschwindigkeitsverstoß rechtfertigen kann. Im vorliegenden Falle vermochte jedoch eine zur schnelleren Erreichung der nächst gelegenen Tankstelle schon mangels Geeignetheit des zur Gefahrenabwehr eingesetzten Mittels nicht nach § 16 OWiG zu rechtfertigen. Der Betroffene Taxifahrer wurde durch einen Bußgeldbescheid wegen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften unter anderem zu einem Fahrverbot von zwei Monaten verurteilt. Das Amtsgericht hat den Betroffenen auf seinen Antrag hin freigesprochen. Es hat dabei dessen Einlassung zugrundegelegt, wonach er als Taxifahrer zwei betrunkene Fahrgäste befördert und deswegen auf der Autobahn die Geschwindigkeit überschritten, um die nächste Ausfahrt zu erreichen. Habe damit verhindern wollen, dass einer der Fahrgäste sich im Fahrzeug übergeben muss sein Fahrzeug mit erbrochenem verschmutze. Die gegen den Freispruch gerichtete Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft führte allerdings zu Urteilsaufhebung und Zurückverweisung an das Amtsgericht. Die Voraussetzungen eines rechtfertigenden Notstand es seien rechtsfehlerhaft bejaht worden. In dem Urteil fehle es bereits an einer nachvollziehbaren Darlegung, dass die Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit überhaupt geeignet war, dass von dem Betroffenen verfolgte Ziel, nämlich die Verhinderung der Verschmutzung seines Fahrzeuges, zu erreichen. Nur ausgewählte Abwehrmittel, die geeignet sind, die Gefahr zu beseitigen, können einen rechtfertigenden Notstand begründen. Insbesondere dann, wenn durch die Geschwindigkeitsüberschreitung kein wesentlicher Zeitgewinn zu erwarten war, kann der Rechtfertigungsgrund nicht eingreifen. Dies gelte umso mehr, als es sich bei dem Übergeben / Brechen um einen nicht kontrollierbaren Vorgang handele. Da deshalb eine Verzögerung des übergeben nicht möglich ist, ist die Überschreitung der Geschwindigkeit nicht geeignet gewesen, den Parkplatz noch rechtzeitig zu erreichen. Ungeachtet dieser Erwägungen seien die Urteilsgründe auch lückenhaft, weiß ich Ihnen nicht entnehmen lässt, inwiefern andere Mittel zur Verfügung gestanden hätten, um die Gefahr der Verunreinigung des Taxis abzuwehren. So könne der Taxifahrer doch auch so genannte brech Tüten, wie diese Funktion üblich ist, mitführen. Die Interessenabwägung des Amtsgerichts weise daher grundlegende Rechtsfehler auf. Soweit das Amtsgericht meint, der Lärmschutz habe hinter die Sicherheit der Fahrgäste zurückzutreten, so sei diese Abwägung grundsätzlich zu beanstanden. Auch die „Sicherheit der Fahrgäste“ könne nicht in die Waagschale geworfen werden. Denn deren Sicherheit war durch das mögliche Erbrechen im Fahrzeuginneren überhaupt nicht berührt. So sieht es zumindest das OLG Bamberg. Es handele sich hierbei um ein Eigeninteresse des betroffenen Taxifahrers daran, dass das von ihm gesteuerte Fahrzeug nicht verunreinigt wird. Dies überwiegt schon von vornherein nicht nach dem eindeutigen Wortlaut des § 16 OWiGwesentlich die Interessen der Anwohner an der Einhaltung des Lärmschutzes. Letzteres war nämlich die Begründung für die Anordnung der Geschwindigkeitsbegrenzung. Ungeachtet dessen sei nach dem OLG Bamberg diesem Zusammenhang zusätzlich zu berücksichtigen, dass der Betroffene es war, der die erkennbar Betrunkenen in seinem Taxi überhaupt erst Aufnahme gewährte. Dr. Henning Hartmann Fachanwalt für Strafrecht Fachanwalt für Verkehrsrecht  

Read More

Neue Promillegrenzen für Radfahrer? – Dr. Hartmann & Partner

Die Verbotsnorm für „Alkohol im Straßenverkehr“, § 316 StGB, gilt nicht nur für Kraftfahrzeuge, sondern auch für Fahrradfahrer. Wer in Folge des Genusses alkoholischer Getränke nicht mehr in der Lage ist, ein Fahrzeug sicher zu führen, macht sich strafbar. Nach derzeitig geltender Rechtslage können sich Fahrradfahrer zwar bei alkoholbedingter Fahrunsicherheit bereetts ab einer Blutalkoholkonzentration (BAK) von 0,3 Promille strafbar machen. Der hierfür aber erforderliche Nachweis alkoholbedingter Fahrfehler ist in der Praxis aber nur sehr schwer zu führen. Es besteht also ein Bedarf an klaren Regelungen, die dem Bestimmtheitsgrundsatz Genüge tun. Als absolute Fahruntüchtigkeitsgrenze für Radfahrer hat der Bundesgerichtshof in einer Entscheidung aus dem Jahre 1986  1,7 Promille angenommen. Bei Kraftfahrzeugen sind es bekanntlich 1,1 Promille. Manche Amtsgerichte haben aber auch schon 1,5 Promille für die absolute Fahruntüchtigkeit bei Radfahrern ausreichen lassen. Der Grund hierfür ist, dass seit dem Jahre 1986 genauere Messmethoden (u.a. Dräger-Atemalkoholmessung) entstanden sind, die einen verminderten Sicherheitsabschlag erlauben. Ein Graubereich also. Auf dem Deutschen Verkehrsrechtstag 2015 in Goslar haben sich die hier anwesenden Spezialisten nun auf die Empfehlung an den Gesetzgeber geeinigt, für Radler einen Bußgeldtatbestand zu schaffen, ähnlich wie bei der 0,5 Promille Grenze für Autofahrer (§ 24a StVG). Und welche Grenze soll nun für Radfahrer gelten? Antwort: Nach den Vorstellungen des Arbeitskreises 3 des Verkehrsgerichtstages sollen es 1,1 Promille sein. Wir dürfen mit Spannung darauf warten, ob dies umgesetzt wird. Bitte vergessen Sie nicht: eine Alkoholfahrt mit dem Fahrrad kann zur Anordnung der MPU führen! Dies ist unabhängig von Strafverfahren und wird durch die Führerscheinstelle (also nicht durch das Strafgericht) entschieden. Ansatz ist nämlich hier nicht die Bestrafung einer Tat, sondern die Sicherheit des Straßenverkehrs. Nach Ablauf einer Sperrfrist soll daher nur denjenigen Verkehrsteilnehmern die Fahrerlaubnis wiedererteilt werden, die zwischen dem Konsum von Alkohol und Teilnahme am Verkehr strikt trennen können.   Dr. Henning Hartmann Fachanwalt für Strafrecht Fachanwalt für Verkehrsrecht

Read More

Mitschuld trotz Vorfahrt oder bei Auffahrunfall!

Wenn ein Verkehrsteilnehmer dem anderen die Vorfahrt nimmt, haftet er für dessen Schaden. Sollte man meinen. Stimmt aber nicht immer. Der BGH hat in mehreren Urteilen (z.B. am 20.9.11 zum A.Z. VI ZR 282/10) darauf erkannt, dass auch ein Vorfahrtsberechtigter anhalten oder ausweichen muss, wenn er erkennen kann, dass ein anderer Verkehrsteilnehmer seine Vorfahrt verletzt. Dies folgt letztlich aus dem allgemeinen Rücksichtgebot des § 1 II StVO. Wenn der Vorfahrtsberechtigte sieht, dass ihm die Vorfahrt „genommen“ wird und er dennoch nicht mit einer Bremsung reagiert, weil er davon ausgeht, dass es nicht zu einer Kollision kommen wird, gilt dasselbe. Die Haftung des Vorfahrtsberechtigten kann – je nach Einzelfall – bei etwa 30% angesetzt werden. Mit anderen Worten: der Vorfahrtsverletzer bekommt 30% seiner Ansprüche, der Vorfahrtsberechtigte 70% ersetzt. Eine ganz ähnliche Konstellation gibt es immer wieder bei den Auffahrunfällen. Hier heißt es immer „wer auffährt, ist Schuld“. Auch das stimmt so nicht. Und zwar regelmäßig dann nicht, wenn der Vordermann kurz vor dem Auffahren einen Spurwechsel vorgenommen hat. Thema ist hier der sogenannte Anscheinsbeweis. Wenn dieser eingreift, bedeutet das, dass vermutet wird, dass der Auffahrende entweder einen zu geringen Sicherheitsabstand hatte, oder wegen Unaufmerksamkeit auffuhr. Bevor jedoch von einem solchen Anscheinsbeweis ausgegangen werden kann, muss ein Geschehensablauf festgestellt werden, bei dem typischerweise auf eine bestimmte Konsequenz (nämlich die volle Haftung) geschlossen werden kann. Dieser „typische Geschehensablauf“ muss aber erst einmal von demjenigen bewiesen werden, der sich darauf beruft. Wenn nun aber das vorausfahrende Fahrzeug unmittelbar vor dem Auffahren die Fahrspur wechselt, FEHLT es an einer solchen typischen Unfallkonstellation. In dieser Situation fällt der Anscheinsbeweis gegen den Auffahrenden weg. Soweit das vorausfahrende Fahrzeug die Fahrspur gewechselt hat und sich in einigermaßen engem räumlichen und – vor allem – zeitlichen Zusammenhang mit diesem Spurwechsel der Unfall ereignet, liegt ein Verstoß gegen § 7 V StVO vor! Also nichts mehr mit Alleinschuld des Auffahrenden. Denn § 7 V StVO fordert die größtmögliche Sorgfaltspflicht beim Spurwechsel. Kommt es zu einem Unfall, steht fest, dass nicht nur eine Gefährdung, sondern sogar eine Schädigung eines anderen Verkehrsteilnehmers eingetreten ist. Dies kann im Extremfall sogar zu einem Anscheinsbeweis GEGEN den Spurwechsler (also zugunsten des Auffahrenden!) führen! Wie lange muss der Spurwechsel nun in der Vergangenheit liegen, damit ein solcher Zusammenhang nicht mehr gegeben ist? Die Gerichte gehen hier von ca. fünf Sekunden, und dies ist eine lange Zeit, aus (vgl. u.a. KG, Beschluss vom 6.5.10 zum A.Z. 12 U 144/09, NZV 2011, S. 185). Lässt sich – wie so häufig – im Ergebnis nicht mehr ermitteln, wie sich der Unfall genau zugetragen hat und wie lange der Spurwechsel her ist, wird regelmäßig eine hälftige Schadensteilung (50:50) vorgenommen. Häufig zahlen in diese Fällen die Versicherer zunächst gar nicht. Erst wenn der Anwalt beauftragt wird und die Ansprüche geltend macht, kommt Bewegung in die Sache. Verzichten Sie nicht auf Ihre Ansprüche, nur weil der Versicherer „mauert“! Eine Verkehrsrechtsschutzversicherung trägt die Kosten des Anwalts.

Dr. Henning Hartmann, Oranienburg
Fachanwalt für Strafrecht
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Read More

Alkohol am Steuer: Führerschein nicht immer weg!

Liebe Leser meiner Beiträge im Internet, ich hoffe, Sie sind gut in das neue Jahr gekommen. Und haben die Fahrt nach der Sylvesterparty nicht mit dem Auto angetreten. Und auch nicht mit dem Fahrrad, sofern Sie Alkohol getrunken hatten. Denn häufig wird unterschätzt, dass bei einer Alkoholfahrt mit dem Fahrrad auch der Pkw-Führerschein in Gefahr ist. Zwar wird dieser nicht im Strafverfahren entzogen. Aber verwaltungsrechtlich kommt das „Dicke Ende“ in Form einer MPU. Gelegentlich lassen aber auch außerordentlich milde Urteile aufhorchen. Wie in diesem Fall, der am 7.4.14 von dem LG Kaiserslautern (A.Z.: 6070 Js 8485/13 3 Ns) entschieden wurde. Der Täter hatte stattliche 1,75 Promille im Blut und wurde von dem Strafgericht dennoch nicht als „ungeeignet“ zum Führen von Fahrzeugen eingestuft. Begründung: seit der Trunkenheitsfahrt war ein erheblicher Zeitraum verstrichen, der Täter war vorher noch nicht strafbar geworden. Zudem war er nur eine kurze Strecke gefahren. Und der Täter hat eine verkehrspsychologische Maßnahme (Mobil plus) absolviert, bei der er den Ursachen seines strafbaren Verhaltens auf den Grund ging. Zuvor hatte der Angeklagte Einspruch gegen einen Strafbefehl eingelegt, den er aber auf die Rechtsfolge beschränkte. Nach der Hauptverhandlung wurde er sodann wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr (§ 316 StGB) zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen verurteilt. Eine Entziehung der Fahrerlaubnis erfolgte nicht, sondern es wurde lediglich ein Fahrverbot verhängt. Auf d ie Berufung der Staatsanwaltschaft kam es vor dem Landgericht dann erneut zur Verhanldung über diese Rechtsfolgen. Die Staatsanwaltschaft vertrat die Auffassung, dass bei der festgestellten Blutalkoholkonzentration von 1,75 Promille in jedem Falle die Ungeeignetheit zum Führen von Fahrzeugen im Verkehr belegt sei, so dass ein Entzug der Fahrerlaubnis (§ 69 StGB) die zwangsläufige Folge sei. Dies sah das Gericht anders und folgte der Argumentation der Verteidigung. Ergebnis: kein Entzug der Fahrerlaubnis. Ein bemerkenswertes Urteil, das zeigt, dass einige Richter sich sehr individuell mit den Besonderheiten des Einzelfalles und der betroffenen Person auseinandersetzen.

Dr. Henning Hartmann, Oranienburg
Fachanwalt für Strafrecht
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Read More

Fahrradfahren nur noch mit Helm und Versicherung?

Das Fahrradfahren erlebt in Deutschland derzeit so etwas wie eine Renaissance. Waren es früher meist „Überzeugungstäter“, die ihrer umweltpolitischen Gesinnung Ausdruck verleihen wollten, wenn sie sich auf den Drahtesel schwangen, so ist für viele inzwischen das Fahrrad ein ernst zu nehmendes, salonfähiges Fortbewegungsmittel geworden. Dies hat im Wesentlichen zwei Gründe. Zum einen sind die Fahrräder von heute nicht mehr schwere, behäbige Ungetüme, sondern leichte, wendige Hightech-Verkehrsmittel. Mit denen man schnell erhebliche Strecken einfach zurücklegen kann. Und nicht zuletzt haben sich die Möglichkeiten des Kombinierens mit dem Zug enorm verbessert. Es gibt immer mehr Fahrradwagen im Regionalverkehr, immer mehr Aufzüge an den Bahnhöfen – und die App, die mir zeigt, wie ich mit den beiden Verkehrsmitteln in Kombination am schnellsten ans Ziel komme.

 Auch die juristischen Probleme haben sich durch diese Entwicklung verändert. Zum einen hat man es bei einem Sportbike, das schnell den Wert eines Gebrauchtwagens erreichen kann, mit ganz anderen Streitwerten zu tun, als bei Omas Hollandrad. Zum anderen kommt es aber – aufgrund höherer Geschwindigkeiten, aber auch schlicht wegen der höheren Verkehrsdichte auf den Fahrradwegen – zu immer schwereren Verletzungen.

 Und hier sorgte jüngst ein Urteil des Bundesgerichtshofes für Aufsehen. Es ging um die Frage, ob ein verletzter Fahrradfahrer deshalb ein Mitverschulden an seiner Verletzung tragen kann, weil er keinen Helm getragen hat. Klare Antwort des BGH: Nein! Zum Aktenzeichen VI ZR 281/13 hat Deutschlands höchstes Zivilgericht am 17.6.14 klargestellt, dass es eine Helmpflicht für Radfahrer nicht gibt und diese auch nicht durch die zivilrechtliche Hintertür eingeführt werden kann. Ein Urteil, das durchaus für Unmut gesorgt hat. Denn unbestritten ist bei der ganzen Diskussion, dass das Tragen oder NIchttragen eines Helms schon bei kleinsten Remplern darüber entscheiden kann, ob der Schädiger hohe Schmerzensgeldforderungen zu tragen hat. Oder eben seine (private) Haftpflichtversicherung, so er denn über eine verfügt. Dies bedeutet also, dass die fehlende Helmpflicht durch höhere Prämien bei der (privaten) Haftpflicht finanziert wird. Ein nicht zu unterschätzender Aspekt.

 

Stichwort Versicherung. Vielerorts wurde schon eine Versicherungspflicht für Fahrräder gefordert, eben weil immer mehr Schäden durch Radfahrer verursacht werden. Das gibt es doch nicht, denken Sie? Doch, gab es auch schon, und zwar in der Schweiz. Und zwar unter dem Namen „Velovignette“. Allerdings wurde diese im Jahr 2012 wieder abgeschafft. Die Akzeptanz für eine solche Fahrrad-Zwangsversicherung war dann doch nicht gegeben.

Und dann ist auch der Schritt nicht mehr weit zu Fahrrädern mit Nummernschildern. Denn eines ist auf den Straßen täglich zu beobachten: in vielen Fällen entkommt der Schädiger / Fahrradfahrer und der Geschädigte weiß gar nicht, wo er seinen Schaden geltend machen soll. Gerade in den Städten sind Fahrradfahrer durch die Anonymität geschützt. Über das Kennzeichen könnte aber zumindest der Halter ermittelt werden.

 

Will man das abschaffen und den Fahrradfahrern ähnliche Pflichten wie z.B. den Mofafahrern auferlegen? Es ist wohl auch ein wenig eine Frage der Sichtweise.

 

Auf jeden Fall kann der Verfasser dieses Beitrages schon jetzt sagen, dass der § 316 StGB (Trunkenheit im Straßenverkehr) seit Jahren mit stark ansteigender Tendenz auch auf Fahrradfahrer angewendet wird. Dies mit oft gravierenden Folgen auch für den Pkw-Führerschein. Denn wer mit Alkohol im Straßenverkehr (auch: auf dem Fahrrad) auffällt, der muss mit der Vorladung zur MPU rechnen. Und verliert so ggf. seinen Führerschein.
 
Stichwort Führerschein. Bei dem zuvor gesagten kann es eigentlich nur verwundern, dass die Rufe nach einem Führerschein zum Bewegen eines Fahrrades noch nicht lauter sind. Denn wenn wenn bei Radfahrern tatsächlich ein solch hohes Gefahren- und Gefährdungspotenzial vorliegt, ist der Schritt hin zu einer Fahrerlaubnispflicht nicht mehr weit. Zwar ist dies derzeit noch in weiter Ferne. Jedoch kann Radfahrern, wenn Sie z.B. wegen Alkoholauffälligkeiten im Straßenverkehr vorbelastet werden, verwaltungsrechtlich das Fahrradfahren schon jetzt verboten werden. Einen solchen Fall hat – rechtskräftig – zum Beispiel das Oberverwaltungsgericht Koblenz zum Aktenzeichen 10 B 10930/09 entschieden. Narrenfreiheit gibt es also auch beim Fahrradfahren nicht.
Dr. Henning Hartmann, Oranienburg
Fachanwalt für Strafrecht
Fachanwalt für Verkehrsrecht
 
Read More

Neuwagenkauf: Auch geringe Farbabweichung ist Sachmangel!

Beim Pkw-Kauf hört für den Deutschen der Spaß auf. Nirgends wird so erbittert um Ansprüche aus Kaufverträgen gekämpft wie nach der Anschaffung eines Autos. Wenn Käufer sich beim Autokauf betrogen fühlen, ziehen sie daher häufig vor Gericht. Begünstigt wird dies durch das Eintreten der Verkehrsrechtsschutzversicherung. Denn entgegen landläufiger Meinung handelt es sich zwar um eine VERTRAGSRECHTLICHE Angelegenheit, gleichwohl fallen diese Streitigkeiten bei den Rechtsschutzversicherungen unter VERKEHRSRECHT. Entsprechend zahlreiche Urteile gibt es zum Kaufrecht beim Gebrauchtwagenkauf. Aber auch der Neuwagenkauf beschäftigt die Gerichte immer wieder. Über ein aktuelles Urteil aus diesem Bericht soll heute berichtet werden.

 Die Berufungskammer des Landgerichts Ansbach hat am 9.7.14 zu dem Aktenzeichen 1 S 66/14 ein interessantes Urteil zu dem Thema Sachmängelgewährleistung beim Kauf eines Neuwagens gefällt. Kernaussage: Wenn bei einem Neuwagen auch nur eine geringe Farbabweichung zwischen dem bestellten und dem gelieferten Farbton besteht, handelt es sich um einen Mangel und die Komplette Klaviatur an Sachmängelansprüchen ist eröffnet. 

In dem entschiedenen Fall wurde ein Pkw in der Farbe „Track-Grau“ bestellt und in der Farbe „Pirineos-Grau“ geliefert. Die Abweichung ist minimal und für das ungeübte Auge gar nicht ohne weiteres erkennbar. Zudem hatte der (gewerbliche) Verkäufer in seinen AGB einen Passus eingebracht, wonach „Abweichungen im Farbton vorbehalten blieben, wenn die Änderung nicht erheblich und für den Käufer zumutbar sei“. Diese Klausel ist nach Auffassung des Gerichts aber unwirksam, weil für den Kunden nicht erkennbar sei, von welchen Kriterien die Erheblichkeit der Änderung und deren Zumutbarkeit für den Kunden abhänge.

Entscheidend für den erfolgreichen Prozessausgang (für den Käufer / Kläger) war aber, dass nach Auffassung des Gerichts die Leistungsänderung im konkreten Fall dem Käufer nicht zumutbar sei, „da es sich bei einem Neuwagenkauf um ein wirtschaftlich bedeutendes Geschäft handele, bei dem der Käufer üblicherweise eine bestimmte, individualisierte Farbwahl getroffen habe und nur deswegen bereit sei, den vereinbarten Kaufpreis zu bezahlen.“ Mit anderen Worten: Dem Deutschen ist sein (Neu-) Wagen so wichtig, und diese Priorität ist auch so schützenswert, dass selbst die kleinste Abweichung von dem bestellten Vertragsinhalt einen Mangel darstellt. Der Neuwagenkauf als ein Höhepunkt im Leben, der durch nichts beeinträchtigt werden darf. 

Als weiteres Argument führte das Gericht an: Zudem sei es Sache der Verkäuferin gewesen, noch vor Abschluss des Kaufvertrags die Verfügbarkeit des konkret bestellten Fahrzeugs zu prüfen und sich vor einer vom Hersteller durchgeführten Farbänderung, wenn dies denn der Grund für die Abweichung gewesen sein sollte, zu schützen.

Ein Urteil mit durchaus weitreichenden Folgen für die Verkäufer von Neuwagen. Denn aus den oben genannten Gründen ist nun die in vielen Kaufverträgen enthaltene Klausel „Abweichungen im Farbton bleiben vorbehalten, wenn die Änderung nicht erheblich und für den Käufer zumutbar ist“ aus den Vertragsformularen zu streichen. Aber das LG Ansbach ging noch weiter. Auch die AGB-Klausel „Modelländerungen sowie Ausstattungsänderungen durch den Hersteller gehen zu Lasten des Käufers“ ist als unwirksam anzusehen und darf nicht mehr verwendet werden.

Dr. Henning Hartmann, Oranienburg
Fachanwalt für Strafrecht
Fachanwalt für Verkehrsrecht

 

Read More

500.000,- Euro Schmerzensgeld ausgeurteilt

Hohe Schmerzensgeldurteile kennt man eigentlich nur aus den USA. Gelegentlich lässt aber auch ein Deutsches Gericht aufhorchen. So wie am 26.9.14 das OLG Oldenburg zum Aktenzeichen 12 U 50/14. Es wurde einem Mann, der nach einer Betriebsfeier von einem Kollegen überfahren worden ist und seit vier Jahren im Wachkoma liegt, ein Schmerzensgeld in Höhe von 500.000 Euro zugesprochen. Die beiden Männer gerieten in einen Streit, bei dem der Beklagte den Kläger bei einer Betriebsfeier zunächst ins Gesicht schlug. Später verließ zunächst der Beklagte und kurze Zeit später der Kläger den Ort des Geschehens. Und dann passierte folgendes. Mit 1,85 Promille im Blut führ der Beklagte zunächst noch von dem Gelände, auf dem sich die Betriebsfeier abspielte. Auf dem Gelände einer Tankstelle wendete er dann aber, beschleunigte und fuhr mit hohem Tempo zum Betriebsgelände zurück. Der Kläger stand dort auf der Straße, wurde vom Fahrzeug des Beklagten erfasst und lebensgefährlich verletzt. Der Kläger erlitt u.a. ein Polytrauma mit schwerstem Schädel-Hirn-Trauma. Er liegt seit dem Vorfall im Wachkoma und wird künstlich ernährt. Nach Auffassung des OLG Oldenburg ist ein Schmerzensgeld i.H.v. 500.000 Euro angemessen. Das Schmerzensgeld solle insbesondere einen Ausgleich für erlittene Schmerzen und Leiden darstellen und dem Verletzten Genugtuung für das ihm zugefügte Leid geben. Eine schwerere Gesundheitsschädigung als die vom Kläger erlittene sei kaum vorstellbar. Der Kläger, ein damals 35-jähriger, verheirateter Familienvater von drei Kindern im Alter von drei, acht und neun Jahren liege seit vier Jahren im Wachkoma. Er sei nicht ansprechbar und könne sich nicht mitteilen. Ihm sei damit die Basis für eine eigene Persönlichkeit genommen und er sei nicht mehr in der Lage, ein normales Leben zu führen. Ein Sachverständiger hatte im Prozess die dauerhafte Unterbringung in einem Pflegeheim für erforderlich erachtet. Für diesen Zustand sei der Beklagte verantwortlich. Er habe sich, wenn auch nicht vorsätzlich, so doch unter Außerachtlassung jeglicher Sorgfaltspflichten, nach der Betriebsfeier schwer alkoholisiert in sein Auto gesetzt, auf dem Tankstellengelände gewendet und sei dann mit überhöhter Geschwindigkeit die Straße vor dem Betriebsgelände entlang gefahren. Er habe die Arbeitskollegen wegen der vorherigen Streitigkeit provozieren wollen. Aufgrund dieser groben Fahrlässigkeit sei der Kläger von dem Pkw mit mindestens 60 km/h erfasst worden. Ein Mitverschulden des Klägers hat das Oberlandesgericht verneint. Das LG Osnabrück hatte zunächst in einem Teilurteil über das Schmerzensgeld und die Haftung dem Grunde nach entschieden. Nach dem Urteil des OLG Oldenburg wird das LG Osnabrück nun insbesondere noch über die Höhe des weiteren Schadenersatzes zu entscheiden haben. Strafrechtlich wurde der Beklagte vom LG Osnabrück wegen fahrlässiger Körperverletzung in Tateinheit mit fahrlässiger Straßenverkehrsgefährdung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren auf Bewährung verurteilt.

Dr. Henning Hartmann, Oranienburg
Fachanwalt für Strafrecht
Fachanwalt für Verkehrsrecht

 

Read More

„Dashcams“ sind nicht erlaubt!

Der Einsatz von Bordkameras, sogenannten „Dashcams“ nimmt in deutschen Fahrzeugen weiter zu. Der Zweck des Einsatzes einer solchen Kamera ist, im Falle eines Unfallereignisses den Hergang nachweisen zu können. Das hört sich zunächst gut an. Das Problem bei der Sache: der Einsatz ist illegal. Die Aufsichtsbehörden des Bundes und der Länder für den Datenschutz haben nämlich beschlossen, dass der Einsatz solcher Kameras gegen datenschutzrechtliche Vorschriften verstößt. Nach § 6b I S.1 Nr. 3 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) ist eine Beobachtung und Aufzeichnung mittels Videokameras nur zulässig, soweit dies zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für konkret festgelegte Zwecke erforderlich ist und keine Anhaltspunkte bestehen, dass schutzwürdige Interessen der Betroffenen überwiegen. Das informationelle Selbstbestimmungsrecht ist verletzt, weil die Gefahr besteht, dass man unwissentlich zum Objekt einer Videoüberwachung gemacht wird. Dashcams zeichnen den Verkehr sowie Personen, die sich in der Nähe einer Straße aufhalten, ohne Anlass und permanent auf, so dass eine Vielzahl von Verkehrsteilnehmern betroffen ist, die sämtlich unter einen Generalverdacht gestellt werden, ohne dass sie von der Überwachung Kenntnis erlangen oder sich dieser entziehen können. Das Interesse des Autofahrers, für den eher theoretischen Fall eines Verkehrsunfalls Videoaufnahmen als Beweismittel zur Hand zu haben, kann diesen gravierenden Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Verkehrsteilnehmer nicht rechtfertigen. Auch die Ermittlungsbehörden (z.B. die Polizei und die Staatsanwaltschaft) darf zur Verfolgung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten nur auf der Grundlage spezifischer Regelungen und nur in dem Falle, einsetzen, in dem gegen die betroffene Person ein entsprechender Anfangsverdacht besteht. Dann kann es aber Privatpersonen erst recht nicht gestattet werden, den öffentlichen Verkehrsraum ohne jeden Anlass und permanent mit einer Kamera zu überwachen. Und wenn man mal darüber nachdenkt ist es ja auch richtig. Unsere Daten sind auch so schon unkontrollierbar über das Internet verbreitet. Hier wird es in Zukunft bestimmt noch viel Streit um Datenmissbrauch geben. Dann muss aber doch zumindest das Anlasslose filmen fremder Leute in der Öffentlichkeit beschränkt werden. Denn auch das ist ein „Daten sammeln“.  

Dr. Henning Hartmann, Oranienburg
Fachanwalt für Strafrecht
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Read More